„Wir können in der Liga jeden Gegner schlagen“

Dustin Gräwe war schon einmal bei uns. Nach zwei Jahren in Beckum kehrte er im Sommer zurück. Warum, das erzählt er im Interview.

DSC-INSIDE: „Dustin, welche Frage würdest du Dustin Gräwe als erste Frage stellen?“

Dustin Gräwe: „Wahrscheinlich würde ich jetzt an deiner Stelle fragen, wie ich mich hier eingefunden habe. Ich war ja schon einmal ein Jahr in Delbrück. Daher würde ich fragen, wie es mir gefällt und wie es angelaufen ist.“

DSC-INSIDE: „Okay. Wie wäre deine Antwort?“

Gräwe: „Grundsätzlich hat sich der Kader schon verändert, aber ein paar Jungs von damals sind noch da. Sebastian Walter, Jan Paterok, der jetzt in den USA ist, Patryk Plucinski. Dadurch war es für mich leicht, wieder reinzukommen. Das war damals in meiner ersten Zeit in Delbrück auch schon so. Es macht Spaß mit den Jungs, die Atmosphäre ist gut. Ich habe richtig Bock auf die Saison.“

DSC-INSIDE: „Du hast damals bei deinem Abschied gesagt, dass du dich wohlgefühlt hast, aber wieder unter deinem Jugendtrainer trainieren wolltest. Ist die Atmosphäre jetzt der Grund, warum du wieder zum DSC zurückgegangen bist?“

Gräwe: „Ja. Mein Abschied hatte nichts mit dem DSC zu tun. Ich wollte einfach wieder zu meinem Jugendtrainer zurück. Ich hatte ein weinendes und ein lachendes Auge in dem Moment. Aber der Kontakt zum DSC ist in den zwei Jahren nie abgerissen. Ich habe mir auch immer mal wieder Spiele angeschaut und stand mit Detlev Dammeier in regelmäßigem Kontakt. Ich habe mich beim DSC immer sehr wohl gefühlt, das war jetzt der ausschlaggebende Punkt. Mir war, trotz anderer Angebote, klar, dass ich zum DSC zurück will.“

DSC-INSIDE: „Brauchst du Harmonie für dein Spiel?“

Gräwe: „Für mich ist es sehr wichtig, dass ich mich wohlfühle. Dann spiele ich einfach Fußball, denke nicht viel nach und ziehe mein Ding durch. Wenn man dann noch weiß, dass Fehler verziehen werden und andere dafür in die Bresche springen, dann macht es richtig Spaß.“

DSC-INSIDE: „Wie schafft ihr es als Mannschaft, harmonisch zu bleiben? Das hört man beim DSC ja immer wieder.“

Gräwe: „Ich glaube, dass fängt schon vor dem ersten Treffen des Teams vor einer Saison mit der Kaderzusammenstellung durch den Trainer und die sportlich Verantwortlichen an. Sie achten schon darauf, dass die Chemie passt. Wir haben nur super Jungs im Kader. Alle sind bodenständig und haben ein Standbein neben dem Fußball. Das passt zusammen. Es ist keiner da, der ausreißt. Da muss man den Verantwortlichen für den Kader auch mal ein Kompliment machen.“

DSC-INSDIE: „Es wirkt so, alles kann, aber nichts muss.“

Gräwe: „Ja, das ist so und das ist angenehm. In den letzten beiden Jahren war in Beckum viel Druck da. Es hieß immer, ihr müsst, ihr müsst, ihr müsst. In Delbrück bekommen wir keinen Druck, was dazu führt, dass wir als Team die eigene Motivation haben, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Das ist wertvoller, als wenn der Druck von außen aufgezwängt wird. So spielt es sich leichter.“

DSC-INSIE: „Andererseits träumen auch einige in Delbrück von der Oberliga.“


Gräwe: „Wenn ich mir den Kader angucken, dann haben wir auch eine gute Truppe zusammen. Leider gab es zum Saisonstart viele Verletzte, aber wir haben es beeindruckend kompensiert. Ich bin gespannt, was in der Saison noch möglich ist. Die Liga ist sehr eng zusammen, so wie seit Jahren schon. Es gibt kein Team, das sich richtig absetzt. Selbst Preußen Espelkamp ist als selbsternannter Favorit noch nicht richtig aus den Startlöchern gekommen. Wir haben noch Entwicklungspotenzial und das macht es richtig spannend.“

DSC-INSIDE: „Wie zufrieden bist du mit dem Start nach der langen Coronapause?“

Gräwe: „Vor den ersten beiden Spielen habe ich gedacht, das ist ein straffes Auftaktprogramm. Dazu kamen die vielen Verletzten. Aber wir haben die ersten beiden Partien gewonnen und jetzt dreimal Unentschieden gespielt (Anmerkung Redaktion: Stand 10.10.2020). Gegen Neuenkirchen und Nottuln war mehr drin, da fehlte die Abgeklärtheit vor dem Tor. Das Unentschieden gegen Rödinghausen II ging in Ordnung. Trotzdem, zwei bis vier Punkte mehr hätten es ein können. Das meine ich mit dem Entwicklungspotenzial der Mannschaft.“

DSC-INSIDE: „Wie groß war deine Sorge, dass ihr nach der Coronapause nicht gut starten werdet?“

Gräwe: „Klar, denn viele von uns waren noch nie so lange raus. Wer schon einmal einen Kreuzbandriss hatte, der kennt das, aber die meisten von uns hatten noch nie sechs Monate am Stück Pause. Ich auch nicht. Das war ungewohnt, aber ich habe mir nicht viele Gedanken gemacht, als es wieder losging. Ich hatte Bock wieder zu spielen, in die Kabine zu gehen, die Jungs zusehen, wieder zusammenzusitzen und zu spielen. Die Vorbereitung war holprig, die Ergebnisse waren nicht so gut. Aber beim ersten Meisterschaftsspiel ist das dann auch egal.“

DSC-INSIDE: „Auf eurem Niveau ist selbst im Amateurbereich vieles auf den Fußball fixiert. Das war alles weg. Was hast du in der Zeit gemacht?“

Gräwe: „Ich arbeite bei Miele im Medizinbereich und studiere nebenbei Wirtschaftsinformatik. Eigentlich ist mit dem Training und den Spielen gut zu tun in der Woche. Durch Corona fiel der Sport aus und wir hatten drei Wochen Kurzarbeit, plus Osterferien. Plötzlich sitzt man da im April und kommt ins Grübeln. Man lebt dann in Phasen, zumal anfangs ja nicht klar war, wie lange es dauert. Also habe ich versucht, mich eigenständig fit zu halten. Dann zog es sich in die Länge, man durfte sich nicht treffen. Letztendlich habe ich mich oft mit ein paar Spielern, wie zum Beispiel Basti Walter, an der PlayStation getroffen und virtuell gezockt. Der Kontakt blieb so bestehen.“

DSC-INSIDE: „Ihr habt also eure eigene Meisterschaft ausgespielt?“

Gräwe: „Aber nicht im Fußball. Wir haben andere Spiele gespielt. Alle hatten Zeit und das Niveau wurde wirklich besser. Jetzt lässt es wieder nach (lacht). Für ein eigenes eSport-Team wird es nicht reichen. Jetzt fehlt auch wieder die Zeit dafür.“

DSC-INSIDE: „War dir immer schon klar, dass du Fußball spielen möchtest?“

Gräwe: „Ja. Sobald ich laufen konnte, habe ich mir einen Ball geholt. Das ging im Kindergarten weiter, mit den Kumpels draußen, auf dem Rasen im Garten. Wenn mal die Handballeuropameisterschaft war, haben wir Handball gespielt, aber Fußball war immer das Nonplusultra.“

DSC-INSDE: „Bist du ein Straßenfußballer?“

Gräwe: „Das ist eine schwierige Frage (überlegt). Als ich damals beim SC Verl aus der U19 kam, hatte mein damaliger Trainer Jörg Runge gesagt, der Gräwe ist ein echter Straßenfußballer. Mittlerweile bin ich es nicht mehr, denke ich. Mein Spiel ist geradliniger geworden, vielleicht weniger überraschend. Ich spiele gerne ab und an mal unkonventionelle Pässe, aber der richtige Straßenfußballer bin ich nicht mehr. Manchmal gibt es auch mal einen Tunnel gegen den Gegner, aber ich muss gucken, wie ich dem Team bestmöglich helfen kann. Wenn ich etwas defensiver Spiele, dann verbieten sich Kabinettstückchen und es geht um die Arbeit gegen den Ball. Es hängt bei mir von der Position ab. Wenn ich auf der 10 spiele, dann bin ich der Straßenfußballer. Spiele ich weiter hinten, dann will ich die Bälle gewinnen und sie verteilen. Einigen wir uns darauf.“

DSC-INSIDE: „Das Zentrum ist deine Lieblingsposition, oder?“

Gräwe: „Ja, eher offensiv ausgerichtet. Mit Hasan Dere und Malte Grashoff haben wir zwei klare Sechser. Da sehe ich mich eher nicht. Ich kreiere das Spiel gerne vorne.“

DSC-INSIDE: „Wie analytisch und selbstreflektiert bist du?“

Gräwe: „Schon sehr. Sonntagabends fällt es mir schwer einzuschlafen, weil ich die Szenen des Spiels gedanklich durchgehe. Besonders, wenn wir nicht gewonnen haben bin ich sehr nachdenklich. Woran lag es? Was hätte ich anders machen können? Am Dienstag ist das aber wieder vorbei und es geht im Training weiter.“

DSC-INSIDE: „Hilft das oder wünschst du dir, den Kopf öfter mal ausschalten zu können?“

Gräwe: „Auf dem Platz sollte die Birne aus sein. Da braucht es mehr Instinkt.“

DSC-INSIDE: „Mit wem redest du über die Spiele?“

Gräwe: „Nach dem Spiel telefoniere ich zumeist mit meinem Vater. Entweder ist er bei mir und schaut sich das Spiel an, oder bei meiner Schwester, die ja auch aktiv ist. Seine Meinung ist mir wichtig. Ansonsten telefoniere ich mit meinen Freunden und spreche mit ihnen über deren Partien. Abends endet das dann mit dem Sonntagabendspiel in der Bundesliga.“

DSC-INSDIE: „Ihr seid eine sportliche Familie. Deine Schwester spielt sogar beim VfL Wolfsburg in der zweiten Bundesliga und ist Junioren-Nationalspielerin.“

Gräwe: „Meine Schwester ist mit 17 Jahren aus der Jugend raus. Sie hat jetzt einen Profivertrag unterschrieben und gehört in Wolfsburg zum Bundesligakader der Ersten. Sie spielt aber noch überwiegend in der zweiten Mannschaft in der zweiten Frauen-Fußballbundesliga und gilt als Perspektivspielerin. In der Nationalmannschaft ist sie Kapitänin. Für sie geht es nun darum, sich oben durchzubeißen. Ihre ersten Einsatzminuten in der Bundesliga hatte sie schon. Beim Champions League-Finalturnier war sie komplett mit dabei. Eine tolle Sache für sie.“

DSC-INSIDE: „Habt ihr euch als Kinder angestachelt?“

Gräwe: „Nein. Der Altersunterschied beträgt sieben Jahre. Aber sie war genauso fußballverrückt wie ich und wollte immer spielen. Also standen wir oft zusammen auf dem Platz und haben gekickt. Da meine Schwester sonntags meistens auch um 15 Uhr spielt, schaffe ich es leider nicht oft, mir ihre Spiele anzuschauen. Aber wir telefonieren viel und wenn es geht, dann bin ich auch dabei.“

DSC-INSIDE: „Dein Vater Fußball, du und deine Schwester Fußball. Was macht deine Mutter?“

Gräwe: „Meine Mutter war natürlich immer mit am Platz. Aber sie hat Handball gespielt. Trotzdem war sie immer mit ddabei. Der Ballsport wurde uns in die Wiege gelegt. Mein Vater war in der Bezirksliga ein guter Spieler. Er sagt immer, Fußball spielen konnte ich, aber ich hatte keine Lust zu laufen (lacht). Es war ein Hobby für ihn.“

DSC-INSDIE: „Hast du noch Vorbilder?“

Gräwe: „Nein, jetzt nicht mehr. Früher war da Messi, der mich geprägt hat. Barcelona in der Hochform mit Xavi und Iniesta war klasse. Aber das ist jetzt zu weit weg. Ich gucke mir das nur gerne noch an. Die Teams von Pep Guardiola spielen einen guten Fußball, die Teams von Jürgen Klopp spielen sehr intensiv. Das sehe ich gerne. Aber ich orientiere mich nicht mehr daran, sondern möchte beim DSC alles rausholen und möglich machen, was möglich ist, dann bin ich zufrieden. Vorbilder habe ich nicht mehr.“

DSC-INSDIE: „Kannst du dir vorstellen, irgendwann als Trainer zu arbeiten?“

Gräwe: „Ich kann es mir vorstellen, ja. Aber das ist noch hin und ich muss auch gucken, wie es dann beruflich aussieht. Ich erkenne Dinge im Spiel und im Training, habe aber noch keine Ambitionen, irgendwo einzusteigen. Vielleicht zum Ende meiner Karriere mal als Co-Trainer, aber das hängt von vielen Dingen ab. Auch, wie es familiär aussieht und ob ich dann noch jedes Wochenende auf dem Platz stehen möchte.“

DSC-INSIDE: „Die Saison ist lang. Kannst du trotzdem sagen, wo ihr im Winter stehen wollt?“

Gräwe: „Wir hoffen erst einmal alle, dass die Serie bis zur Winterpause gespielt wird und nicht eine neue Coronaunterbrechung nötig wird. Wir wollen nicht abfallen und so viele Punkte, wie möglich holen. Wenn wir unser Potenzial ausschöpfen, dann sind wir in der Lage, jeden Gegner in der Liga zu schlagen. Davon bin ich in diesem Jahr überzeugt. Das ist für mich keine Frage, wenn wir alle fit sind.“

DSC-INSIDE: „Was braucht es, neben Selbstvertrauen, um in der Westfalenliga bestehen zu können?“

Gräwe: „Es sind viele Teams da, die gute Fußballer im Kader haben. Wenn sich zwei Teams gegenüberstehen, die vom Niveau her gleich sind - und das ist bei vielen Mannschaften in der Liga so - dann entscheiden am Ende andere Dinge. Motivation, Teamgeist und Einsatzbereitschaft. Das Umsetzen des Planes und das konsequente Verteidigen entscheiden die Spiele. Das Team, welches das hinbekommt, wird erfolgreicher sein.“

DSC-INSIDE: „Wie hält man als Team die Motivation so lange hoch? Ihr geht ja auch alle arbeiten vorher.“

Gräwe: „Jeder hat Bock, Fußball zu spielen. Wenn dann noch die Erfolge kommen, macht es Spaß. Wichtig ist, dass die Harmonie im Team stimmt und man sich gerne über den Weg läuft. Es macht Spaß, mit den Jungs zu trainieren. Dazu ist auch das Trainerteam wichtig, die Art, wie das Training gestaltet wird. Das läuft super, die Belastung stimmt. Wenn sich jeder reinhaut, dann macht es Spaß. Wir wollen alle ambitioniert Fußball spielen, aber abends nach der Arbeit auch einfach mal die Birne ausschalten können.“

DSC-INSIDE: „Welche Kabinenrituale habt ihr?“

Gräwe: „Keine speziellen. Klar, Neuzugänge müssen das obligatorische Lied singen, aber das ging bislang ja noch nicht, weil ein Mannschaftsabend coronabedingt nicht möglich ist, derzeit. Uns muss aber keiner einnorden. Wir sind alle gut drauf und halten uns an die Regeln. Alle sind gut erzogen (lacht). Den Mannschaftsabend holen wir nach, wenn es Corona zulässt und dann wird gesungen.“

DSC-INSIDE: „Hast du dir schon ein Lied ausgesucht?“

Gräwe: „Es wird in Richtung Ballermann oder Schlager gehen.“

DSC-INSIDE: „Puh….“

Gräwe: „Mir geht es nur um die Textsicherheit. Ich will da nicht untergehen und mich blamieren (lacht). Ich muss das ja nicht mögen.“