„Ein paar Klischees haben sich in den Gesprächen bestätigt“

Im zweiten Anlauf hat er es gepackt. Seit Sommer ist Daryoush Hosseini Stammtorwart in unserem Westfalenligateam. Im Interview spricht der 22-Jährige über das Torwartspiel, die Konkurrenz und die USA unter dem Präsidenten Donald Trump.

 

DSC-INSIDE: „Daryoush, warum hast du dich ins Tor gestellt?“

Daryoush Hosseini: „Das hat früh angefangen. Ich habe in der F-Jugend in Bad Driburg noch im Feld gespielt, wollte aber damals schon ins Tor. Mein Vater hat mir in der Wohnung immer die Bälle zu geschossen, die habe ich dann gerne gefangen. Als Feldspieler war ich nicht so talentiert (lacht). Schließlich wurde ein Torwart gesucht. Ich habe mich dann bei einem Hallenturnier ins Tor gestellt und konnte dort wohl überzeugen. So bin ich dabei geblieben.“

DSC-INSIDE: „Deine Mutter war sicher begeistert, dass du durch eure Wohnung geflogen bist.“

Hosseini: „Es hielt sich in Grenzen (lacht). Mittlerweile ist sie aber darüber hinweg.“

DSC-INSIDE: „Torwart ist eine spezielle Position auf dem Platz. Was muss ein Keeper haben?“

Hosseini: „Starke Nerven, denke ich. Ich kenne auch die Situationen, in denen ich als Torwart Fehler gemacht habe. Der Ball ist dann halt meistens im Tor. Natürlich denkt man dann noch Tage später über Situationen nach und fragt sich, warum man so und nicht anders gehandelt hat. Das ist nicht immer einfach, weil man den Fehler eigentlich schon während des Spiels abschütteln muss. Ich muss immer konzentriert bleiben, weil immer etwas passieren kann und das Torwartspiel hat sich geändert. Heute wird verlangt, dass der Torwart mitspielt, eine Art Libero hinter der Abwehrkette ist. Dadurch steigt der Anspruch an das fußballerische Vermögen, dass ein Torwart haben muss. Es ist schon eine der wichtigsten Positionen auf dem Platz.“

DSC-INSIDE: „Wie verpackst du den Druck?“

Hosseini: „Früher habe ich viel mit meinem Vater gesprochen und Dampf abgelassen. Aber mittlerweile komme ich gut damit klar. Ich habe keine nervlichen Probleme, über die ich sprechen müsste. Wenn etwas schief gelaufen ist, habe ich auch mal schlechte Laune, aber dann ist schon wieder Training und der Blick geht nach vorne.“

DSC-INSIDE: „Delbrück, Brakel, USA, wieder Delbrück. Wie wichtig waren die Stationen?“

Hosseini: „Sehr wichtig. Selbst das erste Jahr beim DSC, in dem ich komplett auf der Bank gesessen habe, hat mir viel geholfen. Ich habe im Training sehr viel mitgenommen und hatte nicht erwartet, dass der Sprung aus dem Jugendbereich in den Seniorenbereich so enorm ist. Es war in den ersten Einheiten nicht leicht, sich dem Tempo anzupassen. Mein Wechsel nach Brakel sah wie ein Rückschritt aus, weil ich aus der Westfalenliga in die Bezirksliga gegangen bin. Aber dort, hatte ich eine völlig andere Rolle und war direkt Leistungsträger. Wir haben damals die Liga gewonnen und sind in die Landesliga aufgestiegen. Das war eine nachträgliche Belohnung für das Training und das Jahr auf der Bank beim DSC. Wenn ich mir meine bisherige Laufbahn anschaue, dann habe ich alles richtig gemacht.“

DSC-INSIDE: „Du kamst im Januar 2018 zurück zu uns und musstest wieder auf die Bank. Hast du da dann doch Zweifel gehabt?“

Hosseini: „Ich habe damals mit Frank Sundermeier gesprochen. Wir waren uns einig, dass ich die Rückserie nicht zu hoch hängen und ab Sommer richtig um die Nummer Eins kämpfen sollte. Der Konkurrenzkampf mit Kevin Hund war da, keine Frage. Aber ich habe schon auch gemerkt, dass ich in den USA eine Phase hatte, in der ich fast zwei Monate nicht trainiert habe. Als ich dann in der Vorbereitung beim DSC wieder eingestiegen bin, fehlte mir ein bisschen was. Die paar Prozent habe ich mir dann in der Rückserie geholt und bin dran geblieben. Außerdem konnte ich auch von Kevin, der schon höherklassig gespielt hatte, noch ein bisschen etwas lernen. Das hat mir ganz gut getan, aus heutiger Sicht.“

DSC-INSIDE: „Wie war es dann für dich, als das Trainerteam dir nun nach der Sommervorbereitung mitgeteilt hat, dass du die Nummer Eins bist?“

Hosseini: „Ich habe mich riesig gefreut, weil ich wusste, dass es schwer wird. Ich kenne Dominique Soethe schon länger und wusste, dass wir auf Augenhöhe sind. Vielleicht hätte sich ein anderer Trainer anders entschieden, weil der eine das haben möchte und der andere das. Daher ist es für Dominique schade, aber ich habe mich natürlich gefreut. Es ist eine Riesensache in der Westfalenliga zu spielen. Meine ersten Spiele waren in Ordnung. Ich hoffe, dass ich es noch weiter bestätigen kann.“

DSC-INSIDE: „Wie ist euer Verhältnis?“

Hosseini: „Gut. Wir verstehen uns super und pushen uns gegenseitig. Jeder versucht, sein Bestes zu geben. Aber wir klatschen uns nach jeder Übung ab. Vor den Spielen verhalten wir uns so, wie es sein muss. Er bereitet mich bestmöglich vor. Wenn Dominique im Pokal ran darf, mache ich es genauso. Es geht um den Erfolg der Mannschaft. Wer dann im Tor steht, ist zweitrangig.“

DSC-INSIDE: „Wie gehst du damit um, dass du in einer guten Form bist, das Team auch vor mehr Gegentoren bewahrt hast, aber die Ergebnisse trotzdem nicht immer gepasst haben?“

Hosseini: „Ich konnte mich in den letzten Wochen viel auszeichnen, das stimmt. Das ist ja im Allgemeinen kein gutes Zeichen (lacht). Ernsthaft, man muss sich anschauen, dass wir sehr viele junge Leute mit Potenzial dazubekommen haben. Ich bin mit meinen 22 Jahren genau im Altersdurchschnitt. Es ist einfach ein gewaltiger Sprung von den Junioren zu den Senioren. Man muss dem Team Zeit geben. Ich merke von Trainingseinheit zu Trainingseinheit, dass wir besser werden. Mal fehlt noch die Cleverness, mal wurden taktische Dinge im Juniorenbereich nicht so intensiv behandelt. Aber das ist ein Prozess, den wir durchlaufen müssen. Das Trainerteam macht es gut und bewahrt die Ruhe. So sollten wir weiterarbeiten, dann werden wir unsere Punkte noch holen.“

DSC-INSIDE: „Du bist auf dem Platz kein Lautsprecher. Kannst du vom Tor aus viel eingreifen?“

Hosseini: „Auf jeden Fall. Ich habe auch erst im Seniorenbereich so richtig verinnerlicht, wie viel ich eigentlich machen kann, um bestimmte Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen. Durch Anweisungen in Sachen Stellungsspiel, die Ansprache meiner Vorderleute und so weiter. Ich glaube nicht, dass es heutzutage noch angebracht ist, auf dem Platz den Oliver Kahn zu geben. Ich bin eher der Typ, der etwas in einem vernünftigen Ton sagt. Ich denke, dass sich jeder im Team so einbringt, wie er es maximal kann. Mehr kann man nicht verlangen.“

DSC-INSIDE: „Torhüter und Linksaußen sollen eine Macke haben. Stimmt das?“

Hosseini: „Bestimmt (lacht). Ich habe sicher auch welche, aber müsste da schon überlegen, was ich nennen könnte. Ich habe auch keine Rituale. Selbst mein Aufwärmprogramm gestalte ich vor den Spielen unterschiedlich. Je nachdem, worauf ich gerade Lust habe. Da verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl.“

DSC-INSIDE: „Du bist ein flexibler Typ, oder?“

Hosseini: „Ja.“

DSC-INSIDE: „Auch neben dem Fußballplatz?“

Hosseini: „Das ist nicht spektakulär. Ich studiere, habe einen Nebenjob, verbringe Zeit mit der Familie. Alles okay.“

DSC-INSIDE: „Beckum, Mesum, Neuenkirchen sind die nächsten Gegner. Wir wichtig sind die Partien?“

Hosseini: „Die Partien sind wichtig für das Selbstvertrauen. Aber, die Saison ist lang und wir können die Punkte noch holen. In der letzten Saison war der Start sehr gut, dann kam ein Einbruch. Ich hätte es auch gerne anders, aber wir machen uns nicht verrückt. Es kann in der Liga schnell hoch, aber eben auch runtergehen. Es sind alle Teams nah beieinander und wir haben die Qualität, um die Punkte zu holen. So wie jetzt gegen Spexard.“

DSC-INSIDE: „Warum bist du damals für sechs Monate in die USA gegangen?“

Hosseini: „Ich studiere Englisch auf Lehramt, da ist eine gewisse Zeit im englischsprachigen Ausland vorgeschrieben. Die USA haben mich gereizt und ich habe mitbekommen, dass es dort Fußballstipendien gibt. Das hat Lukas Cramer auch mal so gemacht und ich bin darüber an eine Universität in Atlanta gekommen. So konnte ich beides miteinander kombinieren.“

DSC-INSIDE: „In welcher Liga hast du gespielt?“

Hosseini: „Das System ist anders. Es geht eher nicht nach Stärke, sondern um die Größe der Uni. Wir hatten zunächst viele Freundschaftsspiele, die dann aber auch für die Saison wichtig waren. Später ging es mit den Play Offs weiter. Wir haben es dort bis ins Halbfinale geschafft. Es war okay.“

DSC-INSIDE: „Okay? Das war doch erfolgreich?“

Hosseini: „Naja, das Niveau war eher dürftig. Es ist vielleicht mit der Bezirksliga vergleichbar.“

DSC-INSIDE: „Hättest du in den USA bleiben können?“

Hosseini: „Ja, die Möglichkeiten gab es schon. Jetzt nicht unbedingt im Fußball, aber schon an sich. Es hat mich dann am Ende aber nicht so gereizt. Ich bin hier mit meinem Studium und dem Leben sehr zufrieden und hänge auch am Fußball. Daher bin ich wieder zurückgekommen.“

DSC-INSIDE: „Man bekommt hier derzeit ein bestimmtes Bild von den USA unter Donald Trump vermittelt. Du warst live vor Ort. Wie ist das Leben derzeit in den Staaten?“

Hosseini: „Ich war nah an der Ostküste. Dort sagt man den Menschen allgemein nach, dass sie etwas offener sind. Den Eindruck hatte ich auch. Ich war nicht wirklich im inneren Kern der USA, woher die Hauptwähler Trumps kommen sollen. Ich habe mal eine Woche in New Orleans verbracht, das ist in Louisiana, zentral in den Südstaaten. Dort haben mir die Leute offen erzählt, dass sie Trump gewählt haben. Was mich überrascht ist, dass die Leute, mit denen ich gesprochen habe, nur Paris als Stadt aus Europa kannten. Da haben sich ein paar Klischees bestätigt, weil gerade diese Personen dachten, die USA ist der Mittelpunkt der Erde und sonst gibt es nichts. Genau das, was Trump vertritt. In Atlanta sah es dann schon wieder anders aus. Dort gab es viele Gegner des Präsidenten. Viele möchten aber auch gar nicht über Trump sprechen, weil sie andere Probleme haben und sagen, es ist jetzt so, wie es ist. Ich war auch schon in den USA, als Barack Obama noch Präsident war. Vom Gefühl her, war es nun unter Trump kein Unterschied. Was wir hier öffentlich mitbekommen, ist thematisch halt sehr fokussiert. So oder so, ein Besuch der USA lohnt sich.“   

DSC-INSIDE: „Wie wichtig wäre es, gegen Beckum auch mal wieder zuhause zu punkten?“

Hosseini: „Es sind die selben Umstände, wie schon gegen Clarholz. Flutlicht, hoffentlich viele Zuschauer. Das wird ein Kampfspiel. Dort kann man uns vielleicht vorwerfen, dass wir nach dem Auftakterfolg gegen Theesen nicht mehr an die Grenze gekommen sind. In Theesen hat jeder für jeden auf dem Platz gekämpft. Das müssen wir wieder abrufen. Mit ein paar Prozent weniger geht es nicht in der Liga.“