„Druck ist da. Aber die Lebenseinstellung ist komplett anders.“

Jan Paterok hatte eine hoffnungsvolle Karriere vor sich. Im Nachwuchs des SC Paderborn 07 spielte er Stamm, ebenso wie sein Bruder Tim, der als Torwart mittlerweile als Profi beim VfL Osnabrück spielt. Der damals 13-jährige Jan hängte dann aber plötzlich seine Fußballschuhe an den Nagel.  Er stieg auf das Wakeboard um. Dank seines großen Ehrgeizes und Fleißes war er auch hier erfolgreich. 2017 holte er den NRW-Meistertitel und wurde bei der Weltmeisterschaft in Mexiko fünfter. Auch für die Nationalmannschaft fuhr er. Dann kam der Sommer 2017 und der nun 19-Jährige traf eine erneute Entscheidung. Zurück zum Fußball. Wir haben mit ihm nach einer Trainingseinheit gesprochen.

 

DSC-INSIDE: „Jan, wie war das Training?“

Jan Paterok: „Gut. Anstrengend, aber gut.“

INSIDE: „Du bist jetzt nicht der unsportlichste Typ. Da steckst du das doch locker weg.“

Paterok: „Ne, ne. (lacht). Mir fehlt noch die Fitness. Ich habe in den letzten zwei Jahren nur ein bisschen in der Kreisliga C gekickt. Davor vier Jahre gar nicht. Da ist einiges aufzuholen. Das merke ich schon.“

INSIDE: „Deine Schritte im Sommer waren heftig. Schluss mit der Zeit als erfolgreicher Wakeboarder, der um die Welt reist. Wechsel aus der Kreisliga C vom SV Sande in unsere U23 und dann schnell in den Westfalenligakader. Hast du das schon verarbeitet?“

Paterok: „Ich kann nicht wirklich sagen, warum der Wechsel jetzt kam. Manchmal ist es halt so. Mein Bruder hat sicher auch Einfluss auf mich genommen, weil ich sehr zu ihm hochschaue und er meint, dass ich talentiert bin und vieles erreichen kann. Aktuell merke ich aber schon, dass ich im Vergleich mit den anderen noch zurück hänge. Aber es ist super in dem Team. Sie pushen mich und helfen mir. Meine Mitspieler treiben mich an, schnell wieder reinzukommen und das nötige Niveau zu erreichen. Ich möchte dem Team so schnell wie möglich helfen und bringe mich daher voll ein. Es war mein Ziel, irgendwann bei der ersten Mannschaft anzuklopfen. Dass es nun so schnell klappen würde, habe ich aber nicht gedacht. Seit dem Kreispokalspiel in Borchen bin ich dabei. Das freut mich total.“

INSIDE: „Sportlich bist du ja trotzdem in den letzten Jahren geblieben. Was fehlt dir denn noch?“

Paterok: „Fitness und die Spielpraxis. Aktuell fehlt es einfach noch an Ballgefühl, an der Sicherheit in den schnellen Aktionen. In der Westfalenliga hat man keine Zeit. Das ist auch noch anders, als damals in der Jugend beim SCP. Es war nicht nur eine kurze Pause vom Fußball. Ich war vier Jahre komplett raus und sehe es realistisch. Ich habe noch viel Arbeit vor mir.“



INSIDE: „Wieso hast du damals mit dem Fußball aufgehört?“

Paterok: „Ich habe immer auf der 6er-Position gespielt. Dann bekam ich einen Trainer, der mich zum Linksverteidiger machen wollte. Ich habe es ein Jahr lang gespielt, aber der Spaß am Fußball war weg. Irgendwann wollte ich nicht mehr. Ich habe in der Nähe des Wasserski-Sees in Paderborn gewohnt und mir dort die Wakeboarder angeschaut. Die Tricks wollte ich auch können. Der Lebensstil hat mir gefallen. Dort war alles zwanglos. Es ist ein Einzelsport, aber die Leute haben zusammengehalten. Das hat mir sehr gut gefallen. Also habe ich das Wakeboarden angefangen. Es war genau richtig, weil mich da niemand in eine Schublade gesteckt hat. Ich konnte Sport machen, wie ich es wollte. Es hat großen Spaß gemacht.“
INSIDE: „Du kommst aus einer Fußballerfamilie. War dein Wechsel zum Wakeboarden auch ein Ausbruch?“

Paterok: „Ja, sicher auch das. Ich hatte viermal in der Woche Training und dann noch ein Spiel. Ich musste, musste, musste. Alles drehte sich nur um den Fußball. Die Karriere meines Bruders lief an. Mein Papa hat ihn und auch mich trainiert und ist Trainer der Kreisauswahl. Der Fußball ist zentral bei uns. Ich muss aber dazu sagen, dass mich meine Eltern und auch mein Bruder bei allem unterstützt haben, was ich gemacht habe. Beim Wakeboarden war es aber so, entweder ich gehe oder ich gehe nicht. Ich war auf mich gestellt und für meine Leistung verantwortlich. Das war damals gut für mich.“

INSIDE: „Brauchst du diese Freiheit?“

Paterok: „Früher ja. Wobei man das Wakeboarden jetzt auch nicht mit fehlender Ernsthaftigkeit gleichsetzen darf. Ich habe den Sport sehr intensiv betrieben, so wie es die Meisten machen. Dadurch bin ich auch rumgekommen.“

INSIDE: „Wo warst du überall?“

Paterok: „Thailand, Türkei, Miami, Mexiko, Israel. Da kam gut etwas zusammen.“

INSIDE: „Du warst ja auch sehr erfolgreich. Es muss ja nicht immer nur der Fußball sein.“

Paterok: „Eben. Wie gesagt, das war auch alles in Ordnung und meine Familie hat mich darin unterstützt. Mein Bruder und ich haben klare Ziele, was wir erreichen wollen und wissen, dass wir dafür arbeiten müssen. Wenn wir etwas machen, dann versuchen wir es so gut wie möglich, zu machen. Vielleicht spielen wir ja irgendwann noch einmal zusammen in einem Team.“

INSIDE: „Als Wakeboarder hast du natürlich dein Sonnyboy-Image weg. Wie viel Arbeit steckt dahinter?“

Paterok: „Sehr viel Arbeit. Ich bin jeden Tag beim Waserski-See in Paderborn gewesen. Das machen alle so. Es ist auch nötig, weil man alles selbst machen muss. Neue Tricks, das Training. Es gibt im Normalfall keinen Trainer, der einem, wie beim Fußball, die Übungen aufbaut. Entweder man packt es selbst oder halt nicht. Man muss schauen, was machen die anderen. Wie machen sie es und wie bekommt man es auch, vielleicht sogar noch besser, oder mit einer Variation hin. Das ist intensiv. Entweder man landet auf der Nase oder man schafft es. Standard gibt es nicht.“

INSIDE: „War es schwer, wieder zum Fußball zurückzukehren?“

Paterok: „Ich weiß nicht. Die Entscheidung war relativ schnell gefallen. Beim Wakeboarden ist die Mentalität eine ganz andere. Der Druck im Wettkampf ist da. Aber nachher sitzen alle zusammen und freuen sich für die Gewinner. Das ist eine andere Welt und manchmal schon ein Kontrast.“



INSIDE: „Als Fazit, was hat dir das Wakeboarden gebracht?“

Paterok: „Der Sport hat mich ziemlich geprägt. Ich war früher vor Wettkämpfen oder Spielen oft total nervös. Das ist jetzt deutlich weniger geworden. Ich bin mental viel stärker und ruhiger. Das merke ich auch beim Fußball in den Drucksituationen oder wenn mir mal ein Fehler passiert. Man muss bodenständig bleiben und sich die Ziele vor Augen halten. Es bringt viel, im Hier und Jetzt zu leben.“

INSIDE: „Das bedeutet dann aber auch, irgendwann ins Berufsleben einzusteigen. Mit einem Job von 9 bis 17 Uhr.“

Paterok: „Ich habe schon eine Ausbildung als Groß- und Einzelhandelskaufmann angefangen. Klar ist das anfangs neu und ungewöhnlich. Aber das ist normal und alles zu machen.“

INSIDE: „Zurück zum Fußball. Spexard ist der nächste Gegner. Was wird das für eine Partie?“

Paterok: „Es ist vollkommen egal, wo Spexard gerade in der Tabelle steht. Wir werden niemanden unterschätzen. Es ist eigentlich auch vollkommen egal, gegen wen wir spielen. Wir werden den nötigen Respekt haben und versuchen, ganz seriös die Punkte zu holen. Das haben wir auch gegen Herford gemacht, aber da halt nicht die Tore geschossen. Der Trainer legt sehr viel Wert auf Bodenständigkeit. Das ist gut.“

INSIDE: „Wie siehst du den aktuellen Saisonverlauf?“

Paterok: „Wir sind in jedem Spiel dominant und laufen nicht hinterher. Das ist top. Es fehlt manchmal das letzte Quäntchen im Abschluss. Aber wir gehören schon in der Tabelle in die obere Region.“

INSIDE: „Reicht es für ganz oben?“

Paterok: „Das Potenzial ist da. Aber dafür braucht man auch Glück. Es muss viel zusammen passen.“

INSIDE: „Wie soll die Saison für dich persönlich verlaufen?“

Paterok: „Ich möchte mich weiter an die Mannschaft heranarbeiten, um ihr helfen zu können. Die 6er-Position spiele ich weiterhin gerne. Ich bin aber auch woanders einsetzbar. Wohin das alles dann führt, ist schwer zu sagen. Warten wir es ab.“