In ein paar Wochen bin ich da, wo ich sein möchte“

Malte Grashoff (Foto rechts) wurde in seiner Jugend beim SV Werder Bremen ausgebildet, zum Profi reicht es am Ende nicht. Im Interview spricht unser Sommerneuzugang über das Ende des Profitraums, Schnelligkeit und die Aufgaben eines Führungsspielers.

DSC-INSIDE: „Malte, du kommst gerade vom Training. Durch den Regen war das sicherlich super, oder?“

Malte Grashoff: „Es gibt schönere Tage (lacht). Aber wir sind alle Fußballer und wissen, dass wir bei Wind und Wetter draußen sind. Aber ja, es gibt schönere Tage.“

DSC-INSIDE: „Wie kam der Wechsel zum DSC?“

Grashoff: „Ich habe zuvor vier Jahre lang beim KSV Baunatal gespielt und war dort eigentlich sehr zufrieden. In meinem letzten Jahr bin ich allerdings ein halbes Jahr lang in Neuseeland gewesen. Als ich dann wiederkam, war ich nicht mehr in der vorherigen Verfassung. Dann gab es ein paar Differenzen im Sommer und wir haben uns getrennt. Ich arbeite in Baunatal, daher hat das gut gepasst. Ich lebe allerdings in Paderborn und wollte am Wochenende nicht mehr runterfahren müssen. Also habe ich mir im Kreis Paderborn etwas gesucht, der DSC ist eine gute Adresse. Ich kenne Detlev Dammeier zudem noch durch unsere gemeinsame Zeit bei Preußen Münster. Der Kontakt kam schnell zustande und wir waren uns schnell einig.“

DSC-INSIDE: „Aber du bist andere Ligen gewöhnt.“

Grashoff: „Ja, das ist richtig. Aber ich hatte mich ja schon früher dazu entschieden, die oberste Priorität nicht mehr auf den Fußball zu legen, sondern auf den beruflichen Weg. Ich komme nach der Arbeit aus Baunatal, fahre zurück nach Paderborn und dann nochmals eine längere Strecke zum Fußballverein, der in der Ober- oder Regionalliga spielt, das wollte ich vom Aufwand her so nicht mehr. Der Job steht jetzt im Vordergrund. Ich denke auch, dass man, wenn man in der Regionalliga spielt, den Kopf größtenteils beim Fußball haben sollte. So war ich es immer gewohnt. In Sachen Oberliga hätte es im Kreis nur noch die U21 des SC Paderborn 07 gegeben, da passe ich vom Alter her nicht mehr rein (lacht). Der DSC war die beste Option, denn mir war auch wichtig, dass wir vernünftig Fußball spielen. Bevor ich zugesagt habe, habe ich mir das Testspiel gegen den SV Lippstadt in der Sommervorbereitung angeschaut. Bei dem 2:3 hat man schon gesehen, dass die Jungs guten Fußball spielen können. Daher passt es für mich.“ 

DSC-INSIDE: „Wie war dann die erste Einheit?“

Grashoff: „Sehr gut. Wir haben eine junge Mannschaft, mit viel Potenzial. Unsere Aufgabe ist es, dass immer mehr herauszuholen. Wir haben gute Jungs dabei, was man auch in den ersten Partien immer wieder gesehen hat. Das Team brauchte neben den jungen Spielern, noch erfahren Kräfte. Patryk Plucinski, Oliver Cylkowski, Daniel Austenfeld und dann ich, das passt schon ganz gut zusammen.“

DSC-INSIDE: „Es hieß direkt, du bist der Führungsspieler. War dir das recht?“

Grashoff: „Ja, klar. Ich war das in Baunatal in den letzten vier Jahren auch schon. Den Anspruch habe ich an mich selbst. Mir war klar, dass ich in Delbrück Verantwortung übernehmen will. Das ist okay. Ich muss jetzt zusehen, dass ich reinwachse. Die ersten Partien waren nicht schlecht, aber ich bin noch nicht dort, wo ich hinmöchte. Das halbe Jahr ohne Fußball steckt mir schon in den Knochen. Ich brauche noch ein paar Spiele für meine alte Stärke und hoffe, dass das jetzt mehr und mehr kommt.“

 

DSC-INSIDE: „Woran machst du das fest?“

Grashoff: „Am Gesamtpaket. Die Spielpraxis ist immer ein Faktor, aber auch die Spritzigkeit gehört dazu. In Neuseeland bin ich ein halbes Jahr gewandert, da habe ich viel an Spritzigkeit eingebüßt. Ich war nie der Schnellste auf den ersten Metern und wenn ich dann gerade dort etwas verliere, dann ist das nicht so gut. Ich arbeite daran, dass es wiederkommt. Wenn ich jetzt in den nächsten Wochen verletzungsfrei bleibe, komme ich da auch wieder hin.“

DSC-INSIDE: „Diesen Ehrgeiz, immer das Maximum zu wollen, bekommt man im Nachwuchsbereich einer Profimannschaft eingetrichtert, oder? Wird man das wieder los?“

Grashoff: „Ne, das ist so. Ich bin Sportler, wenn ich mich für etwas entscheide, dann will ich das Maximale erreichen und jedes Spiel gewinnen. Das geht nicht immer, da bin ich auch Realist, aber ich möchte es trotzdem und nicht irgendwo um einen unbedeutenden Platz mitspielen. Wir sagen im Team nicht, dass wir ganz nach oben müssen, sondern schauen von Partie zu Partie, wollen aber in dem Spielen immer das Beste rausholen. Dann muss man gucken, wofür es reicht. Die Liga ist extrem eng. Gewinnen wir, geht es schnell nach oben, verlieren wir, wie in den letzten drei Wochen, geht es schnell nach unten.“

DSC-INSIDE: „Was erzählst du deinen Mitspielern beim DSC als Führungsspieler in der Kabine?“

Grashoff: „Ein Führungsspieler geht voran. Im Training und im Spiel. Ich sehe meine Aufgabe darin, dass Spiel zu ordnen, in Phasen, in denen wir mal Probleme haben. Dann muss man probieren, die Jungs an die Hand zu nehmen. Das klappt mal besser, mal schlechter. Wir erfahrenen Spieler müssen vorangehen und führen. In der Kabine geht es darum, die Jungs heiß zu machen und auch mal das Wort zu ergreifen. Da haben wir mehrere, die das gut machen. Mannschaftlich ist das schon gut. Wir kommen als Kollektiv sehr gut miteinander klar.“

DSC-INSIDE: „Wie schwer war es, den Profitraum aufzugeben?“

Grashoff: „Das war schon nicht ohne. Gerade das erste Jahr in Baunatal war sehr schwer. Ich kam aus dem professionellen Bereich, mit sieben oder achtmal Training in der Woche. In Baunatal haben wir viermal trainiert. Dazu kamen die beruflichen Anforderungen, wodurch sich der Fokus verschiebt. Das war neu, aber ich habe es kennengelernt. Wenn man in der Woche 40 Stunden arbeitet, kann man nicht immer voll beim Fußball sein. Das ist normal, aber ich kannte es so nicht und musste es lernen. Letztendlich geht das aber alles. Ich muss auch sagen, dass ich mit der dritten Liga bei Werder Bremen II damals das Maximum aus meinem Talent herausgeholt habe. Das es irgendwann noch höher geht, war eher unwahrscheinlich. Die fünf Jahre waren eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte, aber als Realist musste ich eine Entscheidung für mein Leben treffen und die lag nun einmal in der beruflichen Perspektive. Also habe ich mit 23 etwas anderes gemacht und eine Ausbildung begonnen.“

DSC-INSIDE: „Es gibt viele Spieler, die das nicht so einschätzen können.“

Grashoff: „Das muss jeder für sich entscheiden. Ich kann jeden verstehen, der sagt, ich probiere es weiter. Vielleicht hätte ich auch mit der vollen Konzentration auf den Fußball mein Geld bis 30 damit verdienen können. Aber, was hätte ich dann davon gehabt? Mit 32 hätte ich noch fünf Jahre von dem Geld leben können und dann wäre es das gewesen? Das wollte ich so nicht. Der Schritt in Richtung zweite Liga war zu groß. Es ist okay so.“

DSC-INSIDE: „Hat dir der Nachwuchsbereich der Bremer das auch so aufgezeigt?“

Grashoff: „Teils, teils. Natürlich habe ich selbst gemerkt, wie es läuft. Bei mir war das Problem mit der Schnelligkeit stets präsent. Ich habe 2011 meinen ersten Vertrag unterschrieben, seitdem ist das Spiel noch schneller geworden. 

Wenn man das Tempo nicht hat, wird es schwer. Das ist kaum zu trainieren, wenn die Veranlagung nicht da ist. In der Sommervorbereitung habe ich Extraschichten gefahren und mit den Sprinttrainern gearbeitet. Ein paar Prozent holt man raus, aber nie auf dem Niveau, das für ganz oben mittlerweile nötig wäre. Ich bin nicht zum Sprinter geboren, das Feedback kannte ich. Daher passt es.“

DSC-INSIDE: „Dein Trainer spricht aktuell von den vielen engen Phasen einer Partie, in denen das Spiel in die eine oder andere Richtung kippen kann. Diese Wechsel zeichnen die Saison derzeit aus. Warum habt ihr es in den letzten drei Partien nicht mehr hinbekommen, euch in den kritischen Phasen zu behaupten?“

Grashoff: „Ich sehe das zweigeteilt. Das Spiel gegen Nottuln habe ich leider aus Krankheitsgründen nur von außen gesehen. Wir hatten lediglich 20 gute Minuten vor der Pause, haben dann aber den Faden verloren und die Zweikämpfe nicht mehr angenommen. Die Niederlage war verdient. Das 0:1 gegen Neunkirchen sehe ich etwas anders. Das Gegentor war unglücklich. Wir hätten genauso gewinnen können. Führen wir, läuft es anders. Das macht die Liga so spannend. Es kann jederzeit in die eine oder andere Richtung kippen, man braucht das Momentum. Gegen Neuenkirchen hatten wir das nicht und verlieren. Neuenkirchen war für mich aber kein schlechtes Spiel. In der zweiten Halbzeit fehlte offensiv die Durchschlagskraft. Das hat sich beim 1:2 in Spexard fortgesetzt, da wir unsere Chancen nicht genutzt haben.“

DSC-INSIDE: „Wie intensiv tauschst du dich mit dem Trainerteam aus?“

Grashoff: „Das ist entspannt. Da gibt es andere Spieler, die näher dran sind und mehr reden. Wir sprechen nicht wöchentlich miteinander. Ich brauche auch nicht das große Feedback. Es ist komplett okay, aber eben entspannt. Daniel Austenfeld ist schon seit Jahren beim DSC und ist da eher der Ansprechpartner, was auch vollkommen richtig ist. Wir sind in jedem Spiel sehr gut vorbereitet, müssen es dann halt umsetzen. Der Trainer kann während des Spiels taktisch noch etwas eingreifen, aber letztendlich nicht mehr viel machen. Wir müssen es auf dem Platz leisten.“

DSC-INSIDE: „Und dann in der Tabelle wieder klettern. Das geht schnell derzeit.“

Grashoff: „Das ist schon ein Wahnsinn. Habe ich so auch noch nicht erlebt. Vor vier Wochen waren wir Tabellenführer, jetzt stehen wir nach drei Niederlagen im Mittelfeld. Wir sind aber noch am Anfang der Saison, jedes Team orientiert sich. Wir wollen gerne die nächsten Partien gewinnen und gucken dann. Immer von Spiel zu Spiel denken.“

DSC-INSIDE: „War das defensive Mittelfeld immer schon deine Position?“

Grashoff: „Ja, auf jeden Fall. Da kann ich mich am besten einbringen. Ich kann ein Team organisieren und lenken, das geht auf der Sechs einfach richtig gut. Dazu komme ich eher über Zweikämpfe. Es gibt sicher technisch bessere Spieler, aber ich habe andere Qualitäten (lacht).“

DSC-INSIDE: „Setzt du dir eigentlich pro Saison das Ziel, mindestens ein Tor zu schießen?“

Grashoff: „Wenn man sich meine bisherige Bilanz anschaut, dann klappt das nicht (lacht). Klar, würde ich gerne Tore schießen, aber letztendlich ist das für mich auch nicht das zentrale Thema. Ich will der Mannschaft helfen, erfolgreichen Fußball zu spielen. Wer dann das Tor schießt, ist egal. Ich will nicht zehn Tore auf dem Konto haben, aber am Ende nur Zehnter werden. Dann habe ich lieber kein Tor und bin am Ende Dritter. Sollte es aber möglich sein, werde ich mich nicht dagegen wehren.“

 

DSC-INSIDE: „Hast du weitere Planungen für die Zukunft oder denkst du von Saison zu Saison?“

Grashoff: „Von Saison zu Saison. Das ist im Bereich Oberliga und Westfalenliga aber normal. Aktuell ist alles top und läuft. Wir werden dann rechtzeitig schauen, wie es weitergeht. Jetzt schon an die nächsten drei oder vier Jahre zu denken, ist schwer. Ich weiß ja auch nicht, was beruflich in der Zeit passiert.“

DSC-INSIDE: „Denkst du schon daran, auch mal in Richtung Trainer zu gehen?“

Grashoff: „Ich hätte schon Lust dazu und kann mir auch vorstellen, bald mit dem Trainerschein anzufangen. Das dauert ja auch ein bisschen. Aber konkret ist das noch nicht. Ich bin erst 27 Jahre alt, da habe ich noch fünf oder sechs Jahre vor mir (lacht). Darüber kann ich nachdenken, wenn ich 30 bin. Bis zum A-Schein möchte ich gehen, aber das hat noch Zeit.“

DSC-INSIDE: „Was machst du, wenn es mal nicht um Fußball geht?“

Grashoff: „Bei mir dreht sich sehr viel um Fußball. Ich genieße es jetzt sehr, samstags auf dem Sofa zu liegen und Bundesliga zu gucken. Das war in Baunatal ja nicht möglich, weil wir dort immer samstags um 15 Uhr gespielt haben. Ansonsten treffe ich Freunde oder unternehme etwas mit meiner Frau.“