Viele Leute haben mir den Weg nicht zugetraut“

Sergio Pinto gehört mit seinen 24 Jahren zu den erfahrenen Spielern im Kader. Er spielt schon seit sieben Jahren auf hohem Niveau und traut sich hohe Sprünge durchaus zu.

DSC-INSIDE: „Sergio, du hast dich darüber gefreut, dass Schalke 04 letzte Woche das Derby beim BVB gewonnen hat. Bist du Fan der Königsblauen?“

Sergio Pinto: „Nein, gar nicht. Ich schaue mir die Bundesliga völlig entspannt an. Ich sympathisiere für den einen oder anderen Verein, bin ansonsten aber Fan des FC Porto in Portugal. Meine Familie kommt aus der Region, daher bin ich dem Verein sehr verbunden. Der Sieg von Schalke ist einfach wieder ein Beispiel dafür, was im Fußball möglich ist. Jeder hat mit einem Sieg des BVB gerechnet, aber es spielen eben noch viele andere Dinge mit rein. Schalke konnte den Dortmundern noch einen Dämpfer im Titelrennen verpassen, ein Derby ist eh immer ein Highlight, unabhängig, wie die Wochen vorher gelaufen sind. Plötzlich zählen dann noch viele weitere Dinge neben der Taktik und dem System. Das macht es für mich spannend, zu schauen. Aber ganz neutral.“ 

DSC-INSIDE: „Bist du in Deutschland geboren?“

Pinto: „Ja. Ich bin aber der erste aus der Familie, der in Deutschland geboren ist. Meine Eltern kommen beide aus Portugal. Ich bin dort getauft worden.“

DSC-INSIDE: „Portugal ist ein fußballverrücktes Land. Klar, dass du Fußballer geworden bist.“

Pinto: „Absolut. Mein Papa hat mir zur Geburt einen Fußball geschenkt. Da war meiner Mutter schon klar, dass ich nur ein Fußballer werden kann. Es gab von Beginn an keine andere Sportart. Ich würde mich auch noch als typischen Straßenfußballer bezeichnen. In der Schule haben wir uns für den Nachmittag verabredet. Die Tasche kam in die Ecke und dann ging es mit dem Ball raus. Egal wo, egal auf welchem Platz, Hauptsache, wir konnten kicken. Das ging dann bis in die Abendstunden oder bis die Mutter gesagt hat, ab nach Hause. Echte Straßenfußballer gibt es leider immer weniger heutzutage.“

DSC-INSIDE: „Da hast sich einiges geändert. Und du bist erst 24.“

Pinto: „Ja. Vielleicht hängt es an den ganzen neuen Technologien. Für uns gab es halt nichts anderes.“

DSC-INSIDE: „Was hast du da gelernt, was dir heute noch hilft?“

Pinto: „Technik und das Eins gegen Eins-Spiel. Das ist noch immer eine meiner Stärken, im direkten Duell am Gegenspieler vorbeizugehen. Es ging einfach um die Lust auf Fußball. Wichtig war auch, sich gegen Ältere durchsetzen zu müssen. Wir haben einfach gegeneinander gespielt. Ich konnte viel lernen und musste mich durchsetzen. Später im Verein habe ich mir schon als F-Jugendlicher die Spiele der ersten Mannschaft angeschaut und Kontakte geknüpft. Das hat schon Spaß gemacht und ich wollte mich immer mit den Leuten messen.“

DSC-INSIDE: „Warum bist du deine komplette Jugend über in Mastbruch geblieben?“

Pinto: „Angefangen habe ich beim SC Paderborn 07. Aber damals hatten sie noch nicht die Struktur im Nachwuchs und für einen so jungen Spieler, wie mich keine Verwendung. Also haben sie damals Mastbruch empfohlen. Der Verein bot sich auch von meinem Wohnort her an und weil dort meine Freunde gespielt haben. Mastbruch wollte mich zunächst aber gar nicht haben, weil es hieß, die F2 ist schon voll. Mein Papa hat den Trainer dann überredet und ich habe wohl im Training überzeugen können (lacht). Ich habe in den folgenden Jahren schon Angebote bekommen, vom SCP, Arminia Bielefeld, SV Lippstadt und auch vom Delbrücker SC. Aber, ich hatte meine Freunde da und es hat mir bei der DJK einfach Spaß gemacht. Als A-Jugendlicher, habe ich morgens um 11 Uhr A-Jugend gespielt, 90 Minuten, und am Nachmittag dann 90 Minuten in der ersten Mannschaft. Da reifte erst bei mir der Gedanke, dass ich es doch noch einmal höher versuchen möchte, denn die Mastbrucher Senioren spielten nur noch in der Kreisliga A. So kam der Wechsel zum SCP in die damalige U23, die in der Westfalenliga spielte. Daraus wurden dann vier Jahre.“

DSC-INSIDE: „Das ist ein hoher Sprung von der A-Liga in die Westfalenliga.“

Pinto: „Es haben mir auch viele nicht zugetraut. Einige haben gesagt, dass ich im Winter eh wieder zurückkehren würde. Aber ich bin sehr ehrgeizig und verpasse sehr ungerne Trainingseinheiten. Ich setze mir selbst sehr hohe Ziele, möchte mit den besten mithalten und viel lernen. Die ersten Einheiten in Paderborn waren aber schon deutlich anders. Das Konditionelle, das Tempo und natürlich kam ich von außen. Meine Mitspieler haben schon erst einmal geguckt, was ich für einer bin und mir den Ball auch mal nicht zugepasst. Ich habe mich aber angepasst und gelernt. Ich wollte mich mit ihnen messen, habe meine ersten Spiele gemacht und dann meinen ersten Amateurvertrag unterschrieben.“

DSC-INSIDE: „Wie war das?“

Pinto: „Unglaublich. Davon träumt man als Spieler, der aus Paderborn kommt. Ich habe den Verein früher schon im Hermann-Löns-Stadion gesehen und wollte dorthin. Als es dann geklappt hat und ich Stammspieler war und die Spiele in Siegen vor 1.500 Zuschauern oder in Lippstadt vor über 1.000 Zuschauern unter Flutlicht kamen, wusste ich, dass es sich gelohnt hatte. Deshalb spielt man Fußball. Wir sind aus der Westfalenliga in die Oberliga aufgestiegen. Das war ein schönes Erlebnis für uns Spieler und für den Verein. Der SCP hat das über Jahre versucht, wir haben es geschafft. Ich habe in der Zeit miterlebt, wie es beim SCP immer professioneller wurde. Zu meinen Anfängen haben wir immer auf verschiedenen Sportplätzen trainiert, hatten keinen Standort und mussten das Trainingsequipment teilweise mit nach Hause nehmen. Wie bei einem Amateurverein. Dann kam das Trainings- und Nachwuchsleistungszentrum in Gang, welches ich auch noch erleben durfte.“     

DSC-INSIDE: „Ärgert es dich, dass das nicht schon zwei Jahre früher so war?“

Pinto: „Ich habe es ja erlebt. Daher ärgert es mich nicht. Ich kenne beide Seiten. Von uns wurde verlangt, dass wir uns professionell verhalten. Wir haben die Professionalität aber von Vereinsseite aus lange nicht erwidert bekommen. Die jungen Spieler, die jetzt in die U21 kommen, wissen das nicht mehr oder es fällt ihnen schwerer, zu schätzen, was sie an Möglichkeiten haben. Für mich ist das nicht selbstverständlich. Es freut mich aber für den Standort Paderborn. Es ist eine super Entwicklung.“

DSC-INSIDE: „Wie kam es zum Wechsel zum DSC?“

Pinto: „Ausschlaggebend waren die beruflichen Faktoren. Zum Profi hätte es nicht gereicht, dazu war ich im letzten Jahr meiner Ausbildung bei der dSpace GmbH. Fünf bis sechs Mal die Woche Training, plus Kraftraum und Spiele am Wochenende waren ein sehr großer Aufwand in der Zeit. 

Das Berufliche ist dann irgendwann auch mal wichtiger. Trotzdem wollte ich auf einem guten Niveau weiterspielen. Delbrück ist eine super Lösung. Westfalenliga, ruhiges Umfeld, daher kam nur der DSC in Frage.“ 

DSC-INSIDE: „Regionalliga war keine Option?“

Pinto: „Ich hätte es sportlich versucht, weil ich als junger Spieler auf einem guten Niveau war. Gemessen hätte ich mich gerne, aber ich bin auch nicht traurig, denn für meine berufliche Perspektive ist es jetzt so am besten, wie es ist. Ich mache aktuell noch meinen Wirtschaftsfachwirt in Bielefeld. Außerdem schaue ich nicht nur auf die mögliche Liga. Es gibt Spieler, die haben in der U19 in der Bundesliga gespielt und kicken jetzt in der Bezirks- oder Landesliga. Ich habe in der Kreisliga A angefangen und bin bis zur Oberliga gekommen. Ich bin zufrieden.“

DSC-INSIDE: „Du bist genau aus der Umbruchphase beim SCP in den Umbruch beim DSC nach der Zeit Capretti/Nergiz zu uns gekommen. Wie siehst du die Entwicklung?“

Pinto: „Sportlich ist es in der letzten Saison nicht zufriedenstellend gelaufen. Auch aktuell war nicht alles optimal. Umbrüche dauern manchmal eine Zeit. Die Abgänge von Rino Capretti und Patrick Kurzen haben Lücken hinterlassen. Dazu hat der DSC den Weg eingeschlagen, auf junge Spieler mit Perspektive zu setzen. Der Weg ist richtig, aber bringt eben auch Leistungsschwankungen mit sich. A-Jugendliche sind im ersten Seniorenjahr nicht gleich konstant. Trotzdem sind wir auf einem guten Weg. Die Jungs entwickeln sich und sind lernfähig. Daher glaube ich, dass der eingeschlagene Weg fortgesetzt werden sollte. Er wird sich irgendwann bezahlt machen.“

DSC-INSIDE: „Du bist mit 24 schon einer der älteren Spieler.“

Pinto: „Ja, das stimmt. Aber aktuell sind Patryk Plucinski und Lukas Cramer die absoluten Führungsspieler. Daran orientieren wir uns alle. Trotzdem bin ich ein Typ, der auch gerne spricht. Das ist vielleicht eher untypisch als Außenbahnspieler, da das eher im Aufgabenbereich der Innenverteidiger und Sechser liegt. Aber ich gehöre sicher auch zu den Spielern, die aktiv werden und den jungen Spielern helfen. Ich bin ein kommunikativer Typ und rede gerne mit den Jungs. Es kann jeder auf mich zukommen.“

DSC-INSIDE: „Wenn du die heutige Jugend mit dir vergleichst, was hat sich geändert?“

Pinto: „Jede Menge. Die Hierarchie war ganz anders. Früher hat gar keiner darüber gesprochen, wer die Bälle und Hütchen einzusammeln hat, die Tore aufbaut oder die Bälle aufpumpt. Das war Aufgabe für die jungen Spieler, ganz klar, ohne Diskussion. Zu spät zum Training zu kommen, hätte sich auch keiner erlauben dürfen. Ich kann mich noch an meine erste Trainingseinheit bei den Senioren von Mastbruch erinnern. Da habe ich wie selbstverständlich einen der älteren Spieler getunnelt. Nachher in der Kabine gab es die klare Ansage, dass ich das nicht noch einmal zu machen habe (lacht). Das ist heutzutage ganz anders. Woran das liegt, weiß ich nicht. Aber wir sagen den Jungs schon, dass es manche Dinge früher nicht gegeben hätte.“  

DSC-INSIDE: „Du wechselst immer zwischen der offensiven Außenseite und dem rechten Verteidiger. Wo siehst du dich eher?“

Pinto: „Ich bin ein Offensivspieler, weil ich offensiv denke und gerne in ein Duell gehe, um die Stürmer mit Vorlagen zu bedienen. Ich bin auch nicht so oft als rechter Verteidiger für den DSC auf dem Platz. Wenn ich muss, spiele ich das. Kein Problem.“

DSC-INSIDE: „Aber an der Torquote kannst du noch etwas arbeiten, oder?“

Pinto: „Definitiv (lacht). Man sagt mir nach, dass ich nur im Pokal oder in den Testspielen treffe. Da ist noch Luft nach oben.“ 

DSC-INSIDE: „Deine drei Tore gegen Mastbruch im Pokalhalbfinale waren besonders, oder?“

Pinto: „Ich hätte es mir vorab nicht besser ausmalen können. Die DJK bleibt mein Verein, weil meine Freunde dort auch noch spielen. Es war das erste Pflichtspiel für mich gegen Mastbruch. Umso schöner, dass es so geklappt hat. Jetzt wollen wir den Kreispokal (Ergebnis stand bei Druck der Ausgabe noch nicht fest) holen und in den Westfalenpokal einziehen. In der Liga muss ich in Sachen Toren nachlegen.“ 

DSC-INSIDE: „Wie zufrieden bist du mit dem aktuellen Saisonverlauf?“

Pinto: „Wir sind eigentlich gut in die Rückserie gestartet, dann kam die Leistungsdelle. Die beiden Flutlichtheimspiele gegen Mesum und Emsdetten haben wir verbockt. Da passte nicht viel zusammen. Wenn man ein paar Prozentpunkte nachlässt, reicht es in der Liga einfach nicht. Das Auswärtsspiel gegen Neuenkirchen war hingegen sehr gut. Da hatten wir Pech. Es geht für uns darum, in der Liga zu punkten und die Saison gut zu beenden. Speziell in den Heimspielen müssen wir einfach mehr zeigen. Unsere Trainer sind natürlich auch nicht zufrieden mit den letzten beiden Heimspielen. Sie können da aber überhaupt nichts zu. Jeder von uns muss sich nun selbst beweisen. Mit Niederlagen möchte keiner in die neue Saison starten beziehungsweise diejenigen, die im Sommer gehen, wollen sich gut verabschieden. Wir haben noch genug Motivation für die letzten Wochen der Saison.“ 

DSC-INSIDE: „Habt ihr Angst noch einmal unten reinzurutschen?“

Pinto: „Man darf sich nie zu sicher sein. Negative Beispiele gibt es genug. Aber wir haben es in der eigenen Hand und müssen einfach punkten, dann bekommen wir auch keine Probleme.“ 

DSC-INSIDE: „Wie bewertest du die Arbeit des Trainerteams?“

Pinto: „Sie sind sehr fair. Wer sich im Training zeigt und beweist, spielt. Unabhängig vom Alter. Dazu setzen sich beide intensiv mit unseren Gegnern auseinander. Wir bekommen sehr viele Informationen und wissen über die grundlegenden Dinge beim Gegner Bescheid. Das ist sehr akribisch und gut vorbereitet.“ 

DSC-INSIDE: „Was machst du, wenn es mal nicht um Fußball geht?“

Pinto: „Ich verbringe viel Zeit mit meinen Freuden, aber auch da reden wir viel über Fußball. Ich bin oft mit Spielern aus dem Team unterwegs. Meine Familie ist mir wichtig, meine Freundin. Die Arbeit. Es gibt da schon einige Dinge. Aber der Fußball spielt in den Diskussionen immer irgendwie eine Rolle.“