"Es musste niemand getröstet werden!"

Am Sonntag startet unsere erste mit einem Heimspiel gegen den Oberligaabsteiger SuS Neuenkirchen in die Westfalenligasaison 2017/2018. Nach der Vorbereitung lest ihr hier ein Interview mit unserem Trainer Jörg Runge.

 

DSC-INSIDE: „Jörg, wie zufrieden bist du mit der Vorbereitung?“

Jörg Runge: „Ich bin (überlegt) nach hinten raus ganz zufrieden. Wir hatten im Verlauf der Vorbereitung Ergebnisse, die nicht so waren, wie ich es mir gedacht habe. Das ging mit dem Auftakt gegen Verl los. Es war geplant, einen Dämpfer zu bekommen, damit wir sehen, woran wir noch arbeiten müssen und direkt wach sind. Plötzlich gewinnen wir das Spiel 1:0. Das war für die Euphorie im Umfeld nett, aber damit war nicht zu rechnen. Gegen den Hövelhofer SV habe ich mir stattdessen einen Sieg und kein 0:2 vorgestellt. Dann kamen die Niederlagen gegen Lippstadt und Brakel. Drei Niederlagen in Folge, dreimal ohne Tor. Das war ein Tiefpunkt und auch zu viel. Den Punkt haben wir aber überwunden. Es war eine Berg- und Talfahrt.“

INSIDE: „Musstet ihr Dinge anpassen oder ist das ein normaler Prozess bei neuen Gesichtern und einem neuen Trainerteam?“

Runge: „Ich sehe Gründe einmal in den personellen Problemen. Der Kader ist sehr verjüngt worden. Es sind ein paar ehemalige U19-Spieler dabei. Die hatten bis in den Juni hinein Saison und konnten keine Pause machen, sondern sind sozusagen direkt bei uns eingestiegen. Sie brauchten zwischendurch natürlich etwas Urlaub. Dazu kamen Verletzungen, Lukas Cramer hat geheiratet. Gerade in dem Zeitraum, als wir drei Testspiel in sechs Tagen hatten, waren nur noch 12 Spieler da und wir gingen personell auf dem Zahnfleisch. Da hat uns der Vorbereitungsplan dann doch noch einen Streich gespielt. Ein weiterer Grund ist, dass wir viel probiert haben, unter anderem die Dreierkette. Das hat Erkenntnisse gebracht, um das richtige System zu finden.“

INSIDE: „Das System ist dann wohl eher eine Viererkette.“

Runge: „Davon kann man ausgehen, ja.“

INSIDE: „Die Mannschaft war in den letzten beiden Spielzeiten dran am Aufstieg und hat es zweimal nicht geschafft. Das war kein Muss, aber wie hat sie das verarbeitet?“

Runge: „Da ist gar nichts hängen geblieben. Die Truppe ist total gefestigt und hält komplett zusammen. Ich habe bei keinem den Eindruck, dass da eine Niedergeschlagenheit ist. Es gab von Beginn an eine Aufbruchstimmung. Die neuen Spieler sind integriert und haben den Konkurrenzkampf sofort erhöht. Auch die etablierten Spieler haben direkt gemerkt, wer sich hängen lässt, für den wird es eng. Es wurde überhaupt nicht über die letzten beiden Spielzeiten gesprochen.“



INSIDE: „Du hast die Probleme der letzten zwei Jahre in der Offensive gesehen. Wie weit seid ihr jetzt?“

Runge: „Das war ein Part, den wir in den letzten Phasen noch einmal intensiv bearbeitet haben. Wir hatten Testspiele, in denen wir die Probleme deutlich gesehen haben. Es fehlte an Effektivität und an Durchschlagskraft, was aber auch am intensiven Training lag. Wir haben viel an der Ballrückgewinnung und an der Fitness gearbeitet. Da fehlte es manchmal an der letzten Konzentration. Das wurde nach den drei verlorenen Spielen deutlich besser. Andererseits, wir haben dort zwar zehn Tore gemacht, aber es war noch nicht so effektiv, wie es sein könnte. Der Schritt, dass wir die Torchancen jetzt haben, ist wichtig. Nun müssen die richtigen Entscheidungen getroffen werden und die letzten Automatismen rein.“

INSIDE: „Wie läuft die Arbeit im Trainerteam? Was übernehmen Martin Diekotto und Lukas Cramer?“

Runge: „Martin ist jung, aber sehr ehrgeizig. Er schaut sich sicher noch viele Dinge ab, hat aber jetzt schon ein sehr gutes Auge für die Spielsituationen mit seinen 27 Jahren. Er ist im Training und in den Spielen mein drittes und viertes Auge. Ich schaue auf unsere Spieler und er auf den Gegner. Dann führen wir die Sachen zusammen. Bei Lukas ging es in der Vorbereitung speziell um die Fitness der Mannschaft. Er ist selbst mittendrin und konnte so am besten am eigenen Körper spüren, was funktioniert hat und wo noch mehr gemacht werden musste. Das hat er gut gemacht und wir tauschen uns permanent aus.“

INSIDE: „Dann war Lukas also aktuell das beliebteste Kadermitglied.“

Runge (lacht): „So in etwa ja. Nein, alles okay. Er hat es gut gemacht und ich denke, es hat ihn keine Sympathiepunkte gekostet.“

INSIDE: „Der Verein möchte junge Spieler heranziehen. Es sind einige U19-Spieler im Kader. Wie weit sind sie?“

Runge: „Wir haben Spieler im ersten Seniorenjahr und Spieler, die noch U19 spielen könnten. Ich muss Jürgen Fortmeier als U19-Trainer ein riesiges Kompliment machen. Das sind alles total ehrgeizige Spieler mit einem klaren Charakter und einer klaren Einstellung. Sie haben sich von Beginn an integriert und eingebracht, sind lernwillig und nehmen auch die Hinweise der erfahrenen Kräfte an. Es ist niemand neben der Spur. Das habe ich auch schon mal anders erlebt. Aber natürlich merkt man auch, dass die U19 mit der Bezirksliga noch eine Liga zu tief spielt. Das sind gute Fußballer, aber sie haben es im letzten Jahr in der Liga teilweise zu leicht gehabt. Jetzt bekommen sie ernsthaften Gegenwind von Leuten, die zehn Jahre älter sind. Daran müssen sie sich anpassen und der eine oder andere wird auch noch brauchen, um sich endgültig an die Senioren zu gewöhnen.“

INSIDE: „Das ist jetzt der Balanceakt. Einerseits müssen die Spieler die Erfahrungen sammeln, andererseits sollte das Team Erfolg haben.“

Runge: „Ja. Die Jungs lernen ohne Ende dazu derzeit. Die Vorbereitung ist für sie extrem wichtig. Sie werden mutiger, bekommen aber auch immer wieder passenden Gegenwind von den erfahrenen Kräften im Team. Wichtig ist, dass sie sich dieser Sache annehmen. Aber das machen sie. In wie weit es dann für den einen oder anderen reicht, werden wir sehen.“

INSIDE: „Wie bewertest du die Neuzugänge?“

Runge: „Sie haben sich alle von Beginn an integriert. Das war uns extrem wichtig. Charakterlich sind alle in Ordnung und passen in das Gefüge. Ersin Gül kam aus der Bezirksliga. Er kommt jetzt gerade richtig rein, nachdem er anfangs Schwierigkeiten hatte, sich konditionell auf diesem Niveau wieder einzufinden. Man merkt jetzt aber, dass er schon einmal auf diesem Niveau war. Sergio Pinto ist keine Frage, der weiß als Ex-Spieler des SCP genau, was Sache ist und bringt uns total weiter. Dustin Gräwe hat mich sehr positiv überrascht. Er ist eine Liga hochgerutscht, kann aber als junger Spieler ohne Probleme neue Positionen spielen. Er kann in 90 Minuten sieben Mal umgestellt werden, das macht ihm gar nichts. Er schaltet total schnell um und ist so gut ausgebildet, dass links, rechts, zentral, offensiv, defensiv letztendlich egal sind. Marcel Brune ist leider schon vor seinem Wechsel angeschlagen gewesen. Er wird sich über die U23 wieder anbieten. Serdar Erdogmus ist ebenfalls angekommen und in den Kreis der Mannschaftsführer aufgenommen worden. Er wird uns mit seiner Erfahrung aus der zentralen Position enorm unterstützen.“

INSIDE: „Patryk Plucinski geht in die Innenverteidigung?“

Runge: „Ja. Er soll und wird die Rolle von Guerino Capretti übernehmen. Das macht er auch überragend. Er kann dort seine Stärken und seine Übersicht voll ausspielen. Patryk hat eine sehr gute Spieleröffnung und einen guten Defensivzweikampf. Das passt.“

INSIDE: „Marvin Frenz bleibt Kapitän?“

Runge: „Ja.“


Bleibt Kapitän: Marvin Frenz.


INSIDE: „Kevin Hund ist Nummer Eins?“

Runge: „Ja.“

INSIDE: „Wie schätzt du die Westfalenliga ein?“

Runge: „Das ist eine Wundertüte auf sehr hohem Niveau. Die Liga hat sich extrem verstärkt. Ich kann keinen Verein ausmachen, der Aderlass hatte. Mein Eindruck ist eher, dass viele Teams aufgerüstet haben. Es gibt für mich auch nicht den einen Topfavoriten. Aus meiner Sicht sind es sieben oder acht Teams, die oben mitspielen können. Die drei Absteiger aus der Oberliga sind stark. Roland Beckum spielt sicher oben mit. Neuenkirchen und Stadtlohn werden ihre Rollen einnehmen. Vreden ist letztes Jahr zweiter geworden. Herford hat sich noch einmal verstärkt. Sie haben zwar ihren Topstürmer verloren, den aber mehr als gleichwertig ersetzt. Sie sind sehr schwer auszurechnen. Schermbeck hat ganz Hassel aufgekauft. Ein Geheimfavorit ist sicher Preußen Münster II.“

INSIDE: „Andere Trainer nehmen uns ebenso in den Favoritenkreis.“

Runge: „Bei der Auflistung muss man dort erst einmal reinrutschen. Uns aufgrund der letzten beiden Jahre automatisch zu den Favoriten zu zählen, ist nicht richtig. Gerade in den Amateurliegen ändern sich die Voraussetzungen vor jeder Saison immer sehr drastisch. Wir müssen auf uns gucken, sind jetzt aber nicht gleich der Topfavorit. Wir haben im letzten Jahr 17 Spiele gewonnen, ich hoffe, dass wir jetzt 18 gewinnen. Wofür das dann am Ende reicht, werden wir sehen. Wir sind nicht so vermessen, dass wir sagen, wir spielen um den Aufstieg mit. Oben mitspielen. Bis zum Winter auf Tuchfühlung sein und lange da oben dabei sein. Darauf können wir uns einigen.“

INSIDE: „Wie hast du bislang den Gesamtverein erlebt?“

Runge: „Ich fühle mich hier total wohl, bin super aufgenommen worden. Die Möglichkeiten sind für einen Verein im Amateurfußball gut. Es ist super familiär und trotzdem wird versucht, einen leistungsorientierten Gedanken reinzubringen. Der Verein ist von der Struktur her sehr gut aufgestellt. Aber es ist sicher notwendig, die gute Jugendarbeit weiter zu steigern und die Früchte zu ernten. Heißt, die A-Jugend muss auf Dauer eine Liga höher. Auch die U23 in der Kreisliga A ist auf Dauer nicht zufriedenstellend. Das sind Punkte, die für den Verein in seiner weiteren Gesamtentwicklung wichtig sind.“