"Ich bin da vorne schon ganz gut aufgehoben"



Im Sommer hat es endlich geklappt mit dem Wechsel von Oliver Cylkowski zum DSC. Im Interview spricht der Stoßstürmer über die USA, den Wechsel und die Ziele.

 

DSC-INSIDE: „Oliver, warum ist dein Spitzname Abdi? Das erklärt sich durch den Namen überhaupt nicht.“

Cylkowski: „(lacht). Das ist in Delbrück nicht leicht zu verstehen, oder?“

DSC-INSIDE: „Nein.“

Cylkowski: „Der Spitzname kommt noch aus der Schulzeit. Warum weiß ich gar nicht mehr genau. Als ich mit meinen Schulfreunden dann im Verein zusammengespielt habe, ist der Name geblieben.“

DSC-INSIDE: „Hätte ja sein können, dass er aus deiner Zeit in den USA kommt.“

Cylkowski: „Nein, daher nicht.“

DSC-INSIDE: „Wie kam dein Wechsel in die USA im Jahr 2016?“

Cylkowski: „Ich habe in der Zeit in Köln gewohnt und dort Fußball gespielt. Bei einem Spiel gegen die U23 von Alemannia Aachen hatte ich einen Sahnetag und habe als hängende Spitze drei Tore vorbereitet. Nach dem Spiel kam ein Scout aus den USA auf mich zu. Er fragt, ob ich mir vorstellen könnte, in Amerika zu spielen. Er war als Deutscher in den USA an der Universität in Montevallo im Bundesstaat Alabama tätig und kam eigentlich aus Frankfurt. In dem Sommer hat er nach Spielern aus Hessen und dem Mittelrhein angeschaut, die für die Montevallo Falcons spielen könnten. Richtiger Zeit, richtiger Ort, würde ich sagen.“

DSC-INSIDE: „Und dann bist du einfach gegangen?“

Cylkowski: „Es ging sehr schnell, weil auch nicht mehr viel Zeit war, bis die Saison in den USA losging. Ich hatte nur zwei, drei Monate, um meine Bachelorarbeit zu beenden, die Spielgenehmigung zu bekommen und so weiter. Es war stressig, hat sich aber total gelohnt. Es war jeden Aufwand wert.“

DSC-INSIDE: „Bist du ein Typ für solche Dinge?“

Cylkowski: „Was hatte ich zu verlieren? Ich war fast mit dem Bachelor fertig und hatte noch keine weiteren Pläne. Natürlich ist es nicht leicht, die Familie zurückzulassen. Ich bin ein Familienmensch, aber heutzutage ist die Technik so weit, dass man die Entfernung gut überbrücken kann. Solch ein Angebot bekommt man nicht alle Tage. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich später ärgern würde, wenn ich es nicht getan hätte. Das wäre sicher so gewesen.“

DSC-INSIDE: „Wie bist du in den USA aufgenommen worden?“

Cylkowski: „Das war komplett problemlos. In dem Team der Falcons waren Spieler aus der ganzen Welt. Viele aus Europa und einige aus Deutschland. Auch die Amerikaner waren locker und offen. Die Erwartungshaltung war zwar hoch, weil ich einer der älteren Spieler war und man durch das Stipendium Geld in mich investierte. Trotzdem war es super.“

DSC-INSIDE: „Wie groß war die Umstellung in Sachen Fußball?“

Cylkowski: „Taktisch ist es in den USA eher schwächer ausgeprägt, aber die Athletik ist sensationell. So wie man es aus dem Basketball und aus dem Football kennt. So fit, wie in den USA, werde ich mein Leben lang nicht mehr sein (lacht). Die Umstände waren anders. Wir hatten zwei Mal am Tag Training, alle drei bis vier Tage ein Spiel. Dazu Physiotherapie und einen Essensplan. Uns wurde viel abgenommen, von den Gegebenheiten her war es sehr professionell. Das Spiel ist sehr körperlich, viel kick and rush. Es ist auf seine Art schön.“

DSC-INSIDE: „Wie erfolgreich warst du?“

Cylkowski: „Das Uniteam war bis 2016 nicht sonderlich erfolgreich. Eine Saison hatte 16 Spiele in rund zwei Monaten. Die Falcons hatten im Jahr davor vier Siege und 12 Niederlagen. Diesen Wert konnten wir in der Zeit komplett drehen. Nach der Saison hatten wir 12 Siege und vier Niederlagen und wurden Zweiter. Leider war in den Playoffs nach dem Halbfinale Schluss. Es ist immer schade, wenn nach einer Saison ein Spiel über alles entscheidet. Aber das war halt so. Schön war für mich, dass ich zwischendurch auch Kapitän war. Am Ende standen sieben Tore und vier Vorlagen. Damit bin ich zufrieden.“

DSC-INSIDE: „Nach den Falcons bist du zu den Birminigham Hammers gewechselt, die in der vierthöchsten US-Liga gespielt haben. Wie kam es dazu?“

Cylkowski: „Der Collegefußball war für mich im April 2017 vorbei, weil ich den Master in der Tasche hatte. Ich habe in Birmingham gewohnt. Trainer war auch dort wieder ein Deutscher, der mich gefragt hat, ob ich bei den Hammers spielen möchte. Klar, ich liebe den Fußball. Es waren wieder Leute aus der ganzen Welt im Kader. Das war eine super Erfahrung, weil es echter Seniorenfußball war. Wir haben mal vor 200 Leuten gespielt, aber beim amtierenden Meister auch vor 8.000 Zuschauern. Die Spielart war noch robuster. Es war Männerfußball, da war die Qualität höher und die Spieler erfahrener.“

DSC-INSIDE: „Hat dir das Leben in den USA gefallen?“

Cylkowski: „Ich kann nichts Schlechtes darüber sagen, weil ich immer mit offenen Armen empfangen wurde. Ich wurde zu fremden Familien an den Tisch eingeladen, nur weil ich mit dem Sohn Fußball spiele. Ich wurde immer offen aufgenommen und nett behandelt. Dafür bin ich sehr dankbar. Die Mentalität hat mir gefallen. Die Amerikaner sind sehr an Menschen aus Europa interessiert, speziell an Menschen aus Deutschland, weil das Land einen guten Ruf hat. Was man in der Presse mitbekommt, ist oft ein verzerrtes Bild.“

DSC-INSIDE: „In den USA geblieben bist du trotzdem nicht.“

Cylkowski: „Nein. Ich hätte dort zwar weiter Fußballspielen können, aber für Ausländer ist es in Amerika nicht so leicht beruflich Fuß zu fassen und eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Dazu war mir aber auch klar, dass ich mit dem Master nach Hause zu meiner Familie und meinen Freunden zurückkehren werde. Im August 2017 kam ich zurück nach Beckum und habe dort dann auch wieder bei der Spielvereinigung angefangen. Der Übergang passte, auch weil Beckum gerade in die Westfalenliga aufgestiegen war.“

DSC-INSIDE: „In der Saison hast du 15 Tore gemacht und einen großen Anteil am Klassenerhalt gehabt. Die USA hat dabei geholfen, oder?“

Cylkowski: „Auf jeden Fall. Ich habe in Amerika sehr viel gelernt in Sachen Mentalität und Willen, Spiele gewinnen und entscheiden zu wollen. Nie aufzugeben, bis zum Ende. Diszipliniert zu arbeiten. Diese Erfahrungen möchte ich nicht missen.“

DSC-INSIDE: „Das hilft jetzt immer noch, wenn man zum Beispiel an die letzte Woche in Hiltrup denkt, oder?“

Cylkowski: „Auf jeden Fall. Zum Glück haben wir am Ende gewonnen.“

DSC-INSIDE: „Die Mentalität passt.“

Cylkowski: „Ja. Das zeigt sich auch daran, wie viele Ausfälle wir hatten. Ich war in Hiltrup mit 26 Jahren der älteste Spieler auf dem Platz. Das ist nicht gewöhnlich. Dazu standen einige aus dem Kader erstmalig in der Startelf. Wir haben es von Beginn an gut gemacht, waren griffig und giftig und haben am Ende verdient gewonnen. Das spricht für uns.“

DSC-INSIDE: „Wenn ihr nun gegen Rödinghausen II gewinnt, klopft ihr wieder oben an.“

Cylkowski: „Hätten wir vorher schon eine der vier Partien gewonnen, wären wir dick oben im Geschäft. Aber es bringt nichts, über Dinge zu spekulieren, die so sind, wie sie sind.“

DSC-INSIDE: „Die Liga ist aber schon extrem eng zusammen.“

Cylkowski: „Seitdem ich in der Westfalenliga spiele ist es eine komische Liga (lacht). Jeder Spieltag ist eine Lotterie. Es gibt nicht die eine Mannschaft, die souverän durchmarschiert. Wir hätten bei den vier Niederlagen in Folge auch mal gewinnen können. Gleichzeitig müssen wir so ehrlich sein, dass wir in den ersten fünf Spielen, als wir elf Punkte geholt haben, auch durchaus mal hätten verlieren können. Letztendlich müssen wir einfach immer dranbleiben. Jetzt haben wir uns wieder etwas aus dem Loch gezogen mit sieben Punkten aus drei Spielen und wollen nachlegen.“

DSC-INSIDE: „Ist das das Ziel bis zur Winterpause?“

Cylkowski: „Wir haben zwei Spiele bis zur Saisonhalbzeit, spielen noch gegen Rödinghausen II und Roland Beckum. Beide Teams stehen über uns, also liegt es an uns, wie gut wir uns in der Tabelle positionieren. Gewinnen wir, klettern wir noch ein bisschen. Ich hoffe, dass wir uns eine gute Position für die Rückrunde erarbeiten können. Die Mannschaft ist in einem Entwicklungsprozess. Die Winterpause wird uns helfen, weil wir uns noch öfter sehen und noch mehr an uns arbeiten können. Dann schauen wir, wohin die Reise geht. Wir wollen in der Winterpause gut dastehen.“

DSC-INSIDE: „Wie schätzt du Rödinghausen II ein?“

Cylkowski: „Wir können gegen gute Gegner bestehen, wenn wir leidenschaftlich sind und an unsere Grenzen gehen. Rödinghausen ist wieder ein guter Gegner. Eine U23 ist oft technisch und spielerisch versiert. Wenn wir richtig in die Zweikämpfe gehen und bereit sind, für den anderen zu arbeiten, dann erwarte ich einen Sieg. Drei Punkte müssen unser Ziel sein, dann klettern wir auch noch etwas in der Tabelle.“

DSC-INSIDE: „Warum spielst du eigentlich jetzt erst bei uns? Der Verein wollte dich schon in der letzten Saison holen.“

Cylkowski: „Ich habe mir vor meinem Wechsel zum DSC viele Gedanken gemacht. Nach meiner Zeit in den USA war es gut für mich, in Beckum spielen zu können. Das ist meine Heimatstadt und ich konnte mit meinen Schulfreunden kicken. Als wir dann am letzten Spieltag in Beckum die Westfalenliga gehalten haben, war die Euphorie groß und ich konnte nicht loslassen. Vielleicht war das aus heutiger Sicht nicht die richtige Entscheidung. Aber das war halt so. Ich habe aber damals schon viele gute Gespräche mit Detlev Dammeier geführt, mir das Training angeschaut und mir Meinungen zu den Typen in der Mannschaft eingeholt. Das ist alles immer wichtig für mich. Die Eindrücke waren positiv und haben sich bislang bestätigt. Die Verantwortlichen haben eine homogene Mannschaft zusammengestellt. Und jetzt bin ich da und fühle mich wohl.“

DSC-INSIDE: „Warum ist das Team so homogen, wie du es beschreibst?“

Cylkowski: „Ich kenne es von früheren Teams, in denen ich war, dass dort immer viele Egos unterwegs waren. Das hat man im Fußball halt sehr oft. Was den DSC auszeichnet ist, dass sich keiner in den Vordergrund spielt oder ein Selbstdarsteller ist. Jeder stellt sich in den Dienst der Mannschaft und verzichtet auf eigene Dinge. Wir wollen zusammen erfolgreich sein. Die Mannschaft ist klar im Kopf. Wir haben keine Spinner dabei, sondern verfolgen zusammen unsere Ziele und arbeiten Woche für Woche daran. Jeder zieht mit.“

DSC-INSIDE: „Wie siehst du den Delbrücker Weg, mit jungen Spielern zu arbeiten?“

Cylkowski: „Ich finde das gut, auch wenn es nicht üblich ist, mit 26 Jahren schon zu den erfahrenen Kräften gezählt zu werden. Aber das ist die Erwartung in Delbrück an mich, was richtig ist. Ich brauche die Herausforderung und Druck kann einen antreiben. Mir macht es Spaß, daran mitzuarbeiten, junge Spieler zu verbessern. Das Konzept in Delbrück passt. Es gibt keinen im Team, der etwas abblockt, oder Tipps nicht annimmt. So ist es produktiv.“

DSC-INSIDE: „Wie ist deine Verbindung zum Trainerteam?“

Cylkowski: „Das Trainerteam arbeitet gut und kontinuierlich. Sie bleiben auch in schweren Phasen positiv. Wir sind in einem Entwicklungsprozess, da ist das wichtig.“

DSC-INSIDE: „Wann hast du eigentlich mit dem Fußball angefangen?“

Cylkowski: „Das ist auch keine normale Geschichte. Mein heutiges Erscheinungsbild passt mit meinem früheren Bild nicht zusammen. Ich war eher klein und schmächtig. Als Kind und als Jugendlicher durfte ich aufgrund einer Erkrankung des Immunsystems lange Zeit keinen Sport draußen machen. Daher habe ich im Alter eines Minikickers mit Handball angefangen. Dann hat der Arzt mir mit 13 Jahren endlich erlaubt, draußen Sport zu machen. Ich habe mich sofort in Beckum angemeldet und von da an hat sich die Liebe zum Fußball nur noch positiv weiterentwickelt. Da ging ein Traum für mich in Erfüllung.“

DSC-INSIDE: „Du hast erst mit 13 angefangen Fußball zu spielen?“

Cylkowski: „Ja, genau. Bis dahin waren es Handball und Badminton. Hallensportarten eben. Ich musste mich austoben.“

DSC-INSIDE: „Beim Handball geht es richtig zur Sache. Hilft dir das jetzt noch?“

Cylkowski: „Ich war damals klein und schmächtig, daher nicht mittendrin, sondern kam eher über die Außen.“

DSC-INSIDE: „Hat dich die Krankheit geprägt?“

Cylkowski: „Nein, das war jetzt auch keine wilde Sache. Ich hatte einfach eine Phase, in der ich nicht draußen Sport machen durfte. Dass ich dann raus durfte, sehe ich als Belohnung für den Weg. Manche Dinge sind halt für den Moment so, wie sie sind.“

DSC-INSIDE: „Wie schnell hat sich bei dir dann gezeigt, dass ein höheres Niveau möglich ist, als nur Kreisligafußball?“

Cylkowski: „Ich bin in meiner Jugendphase in einem Sommer plötzlich 20 Zentimeter gewachsen. Danach ging es relativ schnell, weil ich ziemlich robust wurde und eine gute Torquote hatte. Die ist immer wichtig für einen Stürmer. Ich konnte bei der Hammer Spielvereinigung früh im Kader, der damals in der NRW-Liga gespielt hat, mittrainieren und habe gemerkt, dass ich auf dem Niveau Fuß fassen kann.“

DSC-INSIDE: „Wolltest du immer schon in den Sturm?“

Cylkowski: „Ja, da fühle ich mich einfach zu Hause. Mittlerweile ist ein Stürmer vielfältig gefordert. Ich bin gleichzeitig der erste Verteidiger und freue mich, wenn wir hinten zu Null spielen. Das ist gut für die gesamte Mannschaft. Als Mittelstürmer habe ich zudem sehr viele Zweikampfsituationen, weil ich viel mit dem Rücken zum Tor agieren muss und mich mit dem Gegner messen kann. Natürlich gibt es aber nichts Schöneres, als Tore zu schießen. Mit meiner Athletik und meiner Mentalität, mich in Spiele reinsteigern zu können, bin ich vorne gut aufgehoben.“

DSC-INSIDE: „Spielst du lieber allein vorne drin oder hast du gerne einen zweiten Mann neben dir?“

Cylkowski: „Das ist vom Gegner abhängig. Gegen Fichte Bielefeld haben wir mit einer Doppelspitze gespielt und es hat super geklappt. In der Woche danach hat es nicht so gut funktioniert. Da spielen immer mehrere Faktoren zusammen, so dass ich dazu gar keine klare Meinung habe.“

DSC-INISDE: „Hast du Vorbilder?“

Cylkowski: „Klar. Robert Lewandowski ist der kompletteste Stoßstürmer. Der macht seit Jahren 30 Tore. Von dem kann man viel lernen. Wenn man als Stürmer nicht zu ihm hochschaut, wäre man naiv.“

DSC-INSIDE: „Was machst du, wenn es mal nicht um Fußball gehen soll?“

Cylkowski: „Ich bin einfach gerne unterwegs und unter Leuten. Deswegen verbringe ich gerne Zeit mit meinen Kumpels, meiner Freundin und unserem Hund. Natürlich dreht es sich dabei oft um Sport. Aber ebenso genieße ich es essen zu gehen, mir einen guten Film im Kino anzugucken oder die Welt zu erkunden.

DSC-INSIDE: „Wie lautet dein persönliches Ziel an Toren in dieser Saison?“

Cylkowski: „Ich möchte bis zum Saisonende wieder 15 Tore machen. Momentan hänge ich etwas hinterher, was mich nicht ganz zufrieden macht. Aber, ich gebe mir auch die Zeit, die ich brauche. Es nützt nichts, ich muss weiter an mir arbeiten. Wer hart arbeitet, ist am Ende erfolgreich.“