„Kinder müssen rechtzeitig lernen, dass sie einen Ergebnissport betreiben“

Klare Ansichten, klare Statements. Alex Brinschwitz trainiert unsere U14, mit der er aktuell als Tabellenzweiter in die Meisterrunde der Kreisliga eingezogen ist. Der 18-Jährige gehört zu den jungen und talentierten Nachwuchstrainern, die wir zum Glück bei uns in Delbrück haben. Im Interview spricht er über den Umgang mit pubertierenden Spielern, den Leistungsdruck und einen Bruder als Co-Trainer.

DSC-INSIDE: „Alex, du bist 18 Jahre und trainierst Jugendlichein der Pubertät. Das ist eine explosive Mischung.“

Alex Brinschwitz: „Zum Fußball gehören Emotionen. Das sollte man nicht zu hoch hängen. Wir haben einen Plan. Wenn jeder weiß, woran er ist, dann läuft es auch.“

iNSIDE: „Aber hat nicht jeder eine Meinung und weiß es besser?“

Brinschwitz: „Das ist die Kunst eines Trainers. Selbst im Seniorenbereich ist es wichtig, jeden Charakter so zu nehmen, wie er ist. In der Jugend sind die Entwicklungsstände natürlich unterschiedlicher und liegen weiter auseinander. Dem müssen mein Bruder Christopher und ich Rechnung tragen. Aber das klappt gut. So lange bin ich aus dem Alter ja auch noch nicht raus (lacht).“

INSIDE: „Ist es leichter, wenn der eigene Bruder als Co-Trainer fungiert?“

Brinschwitz: „Eigentlich nicht, denn wir haben immer wieder Diskussionsbedarf. Christopher nimmt die Dinge oft anders wahr, weil er mit seinen 15 Jahren noch näher am Alter der Spieler ist. Das ist gut, denn so sind wir beide gezwungen, mehrfach über die beste Lösung nachzudenken und nehmen nicht einfach nur die Erste. Wichtig ist, dass wir beide leistungsorientiert sind.“

INSIDE: „Das Trainerdasein liegt bei dir in der Familie, oder?“

Brinschwitz: „Ja. In der F- und E-Jugend bin ich von meinem Onkel und meiner Mutter trainiert worden. Als meine Mutter aufgehört hat, habe ich ihren Part übernommen Es hat mir von der ersten Einheit an, Spaß gemacht.“

INSIDE: „Damals warst du 15. Woher hast du deine ersten Trainingspläne bekommen?“

Brinschwitz: „Ich habe mir viel angelesen und Bücher vom DFB geholt. Im Internet gibt es jede Menge Informationen und Trainingspläne. Dazu habe ich natürlich mitbekommen, wie die Spieler auf bestimmte Dinge von mir reagiert haben.“

INSIDE: „Aber gerade in einer E-Jugend wird der Leistungsgedanke hinten angestellt.“

Brinschwitz: „Das war eine Hürde für mich. Ich möchte leistungsorientiert arbeiten, verstehe aber, dass Kinder in dem Alter erst einmal an den Fußball herangeführt werden müssen. Das geht nur über den Spaß. Trotzdem, auch in der F- und in der E-Jugend müssen Ernst und Trainingsinhalte da sein, sonst entwickeln sich die Kinder nicht weiter. Dazu wollen die Eltern am Rand sehen, dass ernsthaft gearbeitet wird und sie wollen klare Meinungen vom Trainer hören. Wir leben halt in einer Leistungsgesellschaft. In der C-Jugend ist das kein Thema mehr. Die Spieler selbst wollen sich messen und verbessern.“

INSIDE: „Ab wann brauchen Jugendspieler Tabellen?“

Brinschwitz: „Ab der D-Jugend. Es ist wichtig, dass der Fußball von diesem Zeitpunkt an zielführend wird, damit sich die Kinder daran gewöhnen, dass sie einen Ergebnissport betreiben. Ergebnisse werden durch Leistungen und Training erzielt. Gäbe es in der D-Jugend keine Tabelle, würden sich der Wille und der Ehrgeiz der Spieler verschieben, weil das Endergebnis egal wäre. Das darf in dem Alter nicht mehr sein.“

INSIDE: „Schränkt der Druck nicht die Freiheit der Spieler auf individuelle Entwicklung ein?“

Brinschwitz: „Nein, wenn der Trainer in der Lage ist, sie abzuholen. Die Entwicklung verläuft in dem Alter total individuell. Bei mir gibt es Spieler, die sich zu viel Druck machen und nervös werden. Andere sind zu locker drauf. Ich muss auf beide reagieren und beide in die richtige Bahn lenken. Deshalb legen wir sehr viel Wert auf taktische Schulungen, damit die Jungs für die Situationen im Spiel gewappnet sind.“

INSIDE: „Aber im Spiel kann so viel passieren.“

Brinschwitz:
„Richtig. Daher sagen wir gleichzeitig, dass die Theorie auf dem Platz in der Praxis immer anders aussehen kann. Wir können den Spielern nur Lösungswege aufzeigen. Wichtig ist, dass sie aus der Grundidee etwas mitnehmen und das mit ihren Handlungsansätzen vermischen. So werden sie selbstständig.“

INSIDE: „Wie schaffst du die Balance zwischen dem Leistungsgedanken und der Menschlichkeit gegenüber U14-Spielern?“

Brinschwitz: „Das ist besonders schwer, wenn ich einem Spieler sagen muss, dass es für ihn nicht reicht. Ich versuche immer zu vermitteln, dass das keine Entscheidung gegen ihn, sondern eine für ihn ist. In dem Alter müssen die Jungs spielen, spielen, spielen, um eine eigene Philosophie zu entwickeln. Es bringt keinem etwas, wenn er bei uns nur auf der Bank sitzt. Das wäre für die Entwicklung schädlich. Fairer ist es, dem Spieler zu sagen, wo er steht und was der beste Weg für ihn wäre.“

INSIDE: „Sind die Spieler durch den Leistungsgedanken nicht eher Einzelkämpfer?“

Brinschwitz: „Nein, auf gar keinen Fall. Ich möchte, dass die Mannschaft gemeinsam als Team agiert und gewinnt. Ich würde unsere Taktik und Spielidee nie nur auf einen Akteur ausrichten. Das wäre fahrlässig und würde niemandem gerecht werden. Wir müssen als Team auflaufen. Jeder Spieler soll darin eine wichtige Rolle einnehmen und sie auch so interpretieren.“

INSIDE: „Was sind deine persönlichen Trainerziele?“ 

Brinschwitz: „Ich möchte so hoch wie möglich kommen. Das nächste ist die DFB-Elitelizenz im kommenden Jahr, für die man einen entsprechenden Notendurchschnitt bei der B-Lizenz gebraucht hat. Den habe ich geschafft. Schön wäre es, wenn ich bis zum Fußballlehrer komme. Aber der Weg ist noch lang genug, daher denke ich von Schritt zu Schritt.“