"Ich bin gespannt, wie es wird."

Jessica Müller ist erst 27 Jahre alt und hat seit Sommer eine intensive Doppelbelastung. Sie ist Trainerin unserer Damen, bei denen sie gleichzeitig auch im Tor steht. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, ob die Trainerin der Torhüterin spielentscheidende Fehler verzeihen kann.

DSC-INSIDE: „Jessica, passt auch bei dir der Spruch Torwart und Linksaußen sind nicht ganz normal?“

Jessica Müller (lacht): „Ja, das passt.“

INSIDE: „Wie hat es bei dir angefangen?“

Müller: „Ich habe in der Schule bei den Jungs mitgekickt und hatte Spaß. Dann ging es in Westerloh-Lippling in der D-Jugend auch bei den Jungs weiter. Mädchenteams gab es noch gar nicht. Irgendwann hieß es dann, geh ins Tor du bist das Mädchen und die Jungs sind schneller. Ich habe schnell Spaß daran gefunden und habe mich gerne nach jedem Ball und auch dazwischen geworfen. Dann kamen in Delbrück die ersten Mädchenteams auf. Irgendwann ging es höher in Richtung Kreisauswahl und Stützpunktteams mit Torwarttraining und so weiter. Das lag mir dann eher, als auf dem Feld den anderen Leuten hinter her zu laufen. (lacht).“ 

INSIDE: „Wie kam es dazu, dass du Trainerin in Delbrück geworden bist?“

Müller: „Der Kontakt bestand durch meine Delbrücker Vergangenheit immer. Die Damen kamen irgendwann auf mich zu und fragten, ob ich sie nicht trainieren möchte. Da ich mich eh verändern wollte, habe ich mich dazu entschlossen, zurückzukehren. Es passte zusammen.“

INSIDE: „Hast du als Torwart eine bessere Sicht auf dem Platz?“

Müller: „Ja. Ich finde es als Torhüterin leichter, diese Funktion zu übernehmen. Ich sehe von hinten mehr, als wenn ich vorne Stürmerin wäre. Ich habe sicher auch mehr Zeit, Dinge zu beobachten, als wenn ich nun im Mittelfeld immer in Bewegung wäre. Da habe ich mehr Luft. Schwer wird es aber sicher für mich, selbst zu trainieren. Fit zu bleiben und gleichzeitig das Training anzuleiten. Wahrscheinlich werde ich viel privat machen müssen. Ich weiß noch nicht komplett wie es wird. Aber so ist es derzeit.“

INSIDE: „Was bist du für ein Trainertyp?“

Müller: „Ich bin sehr ehrgeizig und bin leistungsorientierten Fußball gewöhnt. Das versuche ich umzusetzen und die Damen zu verbessern und weiter auszubilden. Ich bin aber kein Fan von Einzelkämpfern. Es geht um das gesamte Team, nur als Mannschaft werden wir erfolgreich sein.“

INSIDE: „Du stehst da aber auch persönlich unter Druck. Machst du einen Fehler als Torwart ist der Ball drin. Das wird die Trainerin ärgern.“

Müller: „Keine Frage, der Druck ist da und ich mache mir da auch Druck. Das bringt die Doppelfunktion mit sich. Ich werde versuchen, es zu steuern und natürlich auch mit dem Team besprechen, wie wir damit umgehen müssen. Wenn Fehler passieren und gepatzt wird, müssen wir es im Team harmonisch aufnehmen. Es geht aber dabei nicht nur um mich, sondern um Fehler an sich. Dazu gibt es auch einen Spielerrat, in dem die Sachen besprochen werden. Klar ist, ich bin nicht fehlerfrei und bin durchaus bereit, mir Kritik anzuhören. Das ist auch eine Aufgabe des Teams. Wir müssen den Druck auf mehrere Schultern verteilen.“

INSIDE: „Wie wichtig sind dir mündige Spielerinnen?“

Müller: „Sehr wichtig. Die Leitwölfe haben bei mir viel Freiraum und dürfen ihre Meinung äußern. Es läuft aber schon so, dass es in meine Philosophie vom Fußball passen muss. Da gibt es Vorgaben. Wichtig ist hier die Balance zu finden, denn ohne Freiheiten kann man auf dem Platz nicht vernünftig agieren. Dementsprechend werden die Spielerinnen trotz der Vorgaben natürlich ihre Freiheiten für eigene Entscheidungen auf dem Platz haben. Das gilt auch für die jüngeren Spieler. Wenn natürlich zu oft die verkehrten Entscheidungen getroffen werden, müssen wir reden. Das ist aber nicht ungewöhnlich.“

INSIDE: „Ist es ein Vorteil, dass du schon so viele Altersklassen trainiert hast?“

Müller: „Es hat Vor- und Nachteile. Junge Spieler zu entwickeln und zu fördern und dann Verbesserungen zu sehen, macht unglaublich viel Spaß. Sie sind sehr lernfähig. Gerade im Damenbereich ist es aber leider oft so, dass die Spielerinnen wegen Schule, Studium, Ausbildung und anderen Dingen nicht so viel Zeit für das Training haben. Einer erfahrenen Spielerin kann man vielleicht weniger beibringen, sie ist im Leben aber gefestigt und kann zu festen Zeiten trainieren. Auch hier brauchen wir Balance.“

INSIDE: „Wie bewertest du die kommende Bezirksliga?“

Müller: „Die Kadersituation ist etwas anders gelaufen, als geplant. Ich würde gerne oben mitspielen, aber grundsätzlich peilen wir eine Position unter den ersten Sieben an. Es ist immer schön zu sagen, man spielt um den Aufstieg mit und Qualität ist da. Aber der Kader wird nicht kontinuierlich so aussehen, wie jetzt. Das ist erst ein Prozess der nächsten Jahre. Daher halten wir uns mit Prognosen zurück.“

INSIDE: „Warum ist es derzeit noch so schwer, einen stabilen Damenkader zu stellen? Der Frauenfußball boomt doch.“

Müller: „Er boomt auch weiter, das ist richtig. Aber die Maße an Spielerinnen ist nicht da. Es gibt viele Damenvereine, auch im Umkreis. Jeder Verein braucht Spielerinnen, deswegen fehlen dann oft die Aktiven, um einen Kader stabil zu füllen.“