"Der Akku ist voll"

Als Spieler war er schon bei uns. Als Trainer kehrt er nun zurück. Benjamin Braune leitet seit Saisonbeginn gemeinsam mit Daniel Mehlich unsere U23 in der Kreisliga A. Hier ist das Interview.

DSC-INSIDE: „Benjamin, wie wichtig ist dir Konsequenz im Fußball?“

Benjamin Braune: „Sehr wichtig. Wenn Entscheidungen stehen, dann ziehe ich sie durch. Ich schätze mich als konsequent ein.“

INSIDE: „Woran machst du das fest?“

Braune: „An meiner bisherigen Karriere. Meine aktive Zeit war von Verletzungen geprägt. Als A-Jugendlicher bin ich von Scharmede aus der Kreisliga in die U19 Bundesliga zum SC Paderborn 07 gewechselt. Nach zwei Wochen habe ich mir einen Kreuzbandriss, mit Meniskusanriss und Knorpelschaden zugezogen. Bereits als Kind wurde ich an beiden Hüften operiert, um dort Schäden zu beheben. Trotzdem habe ich nachher noch in der zweiten Mannschaft des SCP, wieder in Scharmede, in Geseke Bezirksliga und dann beim DSC in der Westfalenliga gespielt. Ich musste mit den Vorschädigungen umgehen, mich regelmäßig untersuchen lassen, auch mal das Training reduzieren und habe das durchgesetzt. Sonst hätte es nicht funktioniert. Gleiches gilt bei meinen Vereinswechseln. Mein damaliger Weggang als Spieler aus Delbrück ist auch ein Beispiel für Konsequenz.“

INSIDE: „Warum?“

Braune: „Ich war beim DSC 2013 nach einigen Überlegungen soweit, meinen Vertrag zu verlängern. Ich hatte damals durchaus auch andere lukrative Angebote, um als Spielertrainer zu arbeiten. Der damalige Trainer Carsten Droll hatte mir aber mitgeteilt, dass ich verlängern soll, also habe ich die Angebote schließlich abgesagt. Plötzlich hieß es dann Droll, dass er doch noch einen Offensivmann brauche. Da mein Vertrag noch nicht verlängert sei, müsse er nun doch auf mich verzichten. Das war frustrierend.“

INSIDE: „Ist also etwas hängen geblieben?“

Braune: „Nein. Zu den Verantwortlichen und zu dem Verein an sich nicht, weil sich der Vorstand wirklich bemüht hat, das auszubügeln. Ich hätte damals schon in der zweiten Mannschaft als Spielertrainer arbeiten können. Aber das Tischtuch mit dem Trainer der Ersten war zerschnitten, also war ein Wechsel nötig. Man muss als Mensch und Trainer immer Kompromisse eingehen, keine Frage. Wenn es aber zu viele werden, passt es irgendwann nicht mehr. Als ich nach Delbrück zum SSC Scharmede ging, hatten wir als Aufsteiger in der A-Liga ein starkes Jahr und wurden Fünfter. In der Saison danach achter, dann merkte man mehr und mehr die Luft ist raus. Wir haben es im Winter sauber getrennt. Ich habe mich zum Saisonende noch kurz als Aktiver zur Verfügung gestellt, der Verein hat die Klasse gehalten. Wir können uns alle in die Augen schauen, eine saubere Sache. So muss es sein. Als im Februar der Anruf aus Delbrück zur U23 kam, hatte ich gleich das Gefühl, das Gesamtpaket passt.“

INSIDE: „Du trainierst jetzt eine Mannschaft, in der viele Spieler sind, die gerade im Übergang zwischen Jugend und Senioren stecken. Wie konsequent muss ein Trainer hier sein?“

Braune: „Auch das gehört dazu. Die Spieler müssen auf dem Platz wissen, was Sie zu machen haben. Dafür sind wir Trainer da, um Vorgaben zu machen und sie bestmöglich vorzubereiten. Aber das ist nur ein Teil des großen Gesamtpakets.“

INSIDE: „Was gehört noch dazu?“

Braune: „Daniel Mehlich als mein Co-Trainer und ich, versuchen auf taktischer Ebene viel mitzugeben. Defensivverbund, Pressingzonen, Verschieben, Räume eng machen. Dazu Selbstvertrauen geben, mutig sein. Auf der anderen Seite versuchen wir kompakte Spielformen und wenige Ballkontakte einzutrainieren. Spieler haben in höheren Ligen permanenten Zeitdruck und einen Gegner auf den Füßen stehen. Es ist wichtig, dass sie Konstanz in ihre Leistungen bekommen. Nicht nur in der Saison, sondern auch auf die 90 Minuten eines Spiels gesehen. Die Spieler müssen in der Lage sein, 90 Minuten lang, den Plan umzusetzen und nicht einzubrechen, wenn es Negativerlebnisse, wie ein Gegentor gibt. Das versuchen wir mit den Jungs hinzubekommen. Mentalität ist ebenso wichtig. Ein Team sein, sich gegenseitig pushen, ein Miteinander. Das spielt gerade im höheren Seniorenbereich eine große Rolle. Und gerade die jungen Spieler aus der U23 haben durchaus vor, noch einmal höher anzugreifen.“

INSIDE: „Muss man mit jungen Leuten heutzutage mehr kommunizieren, als es bei dir der Fall war?“

Braune: „Auf jeden Fall. Wenn ich an meine Zeit zurückdenke, dann habe ich die alte Schule erlebt. Manfred Geppert war mein Trainer beim SCP. Es wurde nicht viel gesprochen, es sei denn, es lief etwas falsch. Das wurde dann deutlich und direkt besprochen. Samthandschuhe waren da nicht an der Tagesordnung. Aus pädagogischer Sicht, müssen wir anders arbeiten. Für mich ist es gut, dass ich in Köln meinen Master in der Sportwissenschaft gemacht habe. Auch dort sind die Themen Trainingssteuerung, Psychologie von Spielern und einer Mannschaft, mentales Arbeiten sehr wichtig. Und es geht um Trash-Talk.“

INSIDE: „Wie meinst du das?“

Braune: „Junge Spieler brauchen eine permanente und direkte Rückmeldung. Bei positiven Erlebnissen, ebenso wie bei Negativen. Sie müssen aber auch vorab schon einmal erfahren, was auf dem Platz passiert. Wenn ältere, erfahrene Haudegen kommen, ist Trash-Talk auch mal an der Tagesordnung. Beleidigungen fallen. Das ist nach der Partie vergessen, darf einen während der 90 Minuten aber nicht aus der Bahn werfen. Persönliche Gespräche und Gruppengespräche mit Mannschaftsteilen sind gleichermaßen wichtig. Da hat sich schon einiges verändert.“

INSIDE: „Wie stark siehst du eure Gruppe 1 in der Kreisliga A?“

Braune: „Ich habe mir die Teams angeschaut, bevor die Ligen eingeteilt worden sind. Alle Mannschaften, die für mich eher im unteren Bereich anzusiedeln waren, sind in der anderen Staffel gelandet (lacht). Die Absteiger aus Salzkotten und Stukenbrock sind bei uns. Der Aufsteiger Hövelhof 2 ist sicher oben einzuordnen. Auch alle zweiten Mannschaften sind bei uns. Bad Lippspringe 2, wenn es da hart auf hart kommt, bekommen die auch Spieler aus der Ersten. Der Niveauunterschied zwischen den Ligen ist schon da. Insgesamt ist alles sehr ausgeglichen und stark. Es gibt im Vergleich zur letzten Saison kein Team, das ganz klar oben stehen wird. Sennelager hat sich gut verstärkt. Ostenland gehört sicher auch mit oben rein. Einen klaren Favoriten gibt es aber nicht. Ich glaube schon, dass viele Teams auf Augenhöhe sind.“

INSIDE: „Wie sehen eure Ziele aus?“

Braune: „Wir wollen einen einstelligen Tabellenplatz. Das ist realistisch. Gerade bei jungen Teams sind Schwankungen normal. Wenn wir dann noch Spieler an die erste Mannschaft heranführen, ist alles gut. Das passiert nicht von heute auf morgen, aber in zwei, drei Jahren sind vielleicht welche so weit. Das wäre dann ein Erfolg. Taktisch, spielerisch, charakterlich wollen wir die Spieler entwickeln.“

INSIDE: „Wie viel Wert legst du auf Standards?“

Braune: „Die sind schon wichtig, gerade in engen Partien. Aber du meinst etwas anderes, oder? (lacht).

INSIDE: „Du hast mal einen guten Lauf gehabt.“

Braune: „In meiner vorletzten Saison in Delbrück habe ich als Linksverteidiger acht Tore geschossen. Sieben davon per Freistoß. Im Pokal dann auch noch drei. Es lief plötzlich. Warum weiß ich gar nicht. In meiner Zeit davor, war ich gar nicht der große Freistoßschütze. Plötzlich geht der Ball dann aus spitzem Winkel rein und man denkt sich, geht doch. Das Selbstvertrauen steigt und man bekommt eine Narrenfreiheit auch wenn der Ball mal nicht im Tor landet, darf man weiter schießen. Das ist halt Fußball. In Scharmede in der Kreisliga wurde es dann noch etwas leichter und ich habe zehn Tore gemacht in der ersten Saison. Davon waren auch sieben direkte Freistöße. Spaß haben mir die schnellen Freistöße gemacht, wenn ich den Schiedsrichter kurz gefragt habe, ob ich darf und der Torwart noch dabei war seine Mauer zu stellen. Da spielt dann halt die Erfahrung eine Rolle (lacht).“

INSIDE: „Wie schaltest du mal ab?“

Braune: „Im Grünen runterkommen mit der Familie ist gut, wenn es stressig wird. Aber gerade ist der Akku richtig voll, durch die Pause die ich hatte. Ich konnte reflektieren, daher brauche ich jetzt keinen Abstand zum Fußball. Niederlagen sind nicht schön, aber es ist alles gut. Der Akku ist voll.“